Weniger Gewerbesteuer – Stadt macht weiter Schulden

Die optimistischen Annahmen der Kämmerei müssen korrigiert werden.

Sprockhövel. Die Hoffnung darauf, in absehbarer Zeit keine neuen Schulden mehr zu machen und mit dem Abbau der inzwischen auf rund 70 Millionen Euro gestiegenen Verbindlichkeiten der Stadt beginnen zu können, ist wieder einmal geplatzt.

Eigentlich sollte im Jahr 2010 zum ersten Mal seit zwei Jahrzehnten eine schwarze Null in den städtischen Haushalt geschrieben werden, stattdessen rechnet Sprockhövels Kämmerer Karl-Heinz Tietje jetzt damit, dass 2010 und 2011 das Eigenkapital der Stadt angegriffen werden muss, um den Etat faktisch ausgleichen zu können.

Weil die Gewerbesteuereinnahmen die nach dem Rekordjahr 2007 hoch geschraubten Erwartungen nicht erfüllen und andere negative Faktoren, wie gestiegene Kosten für Heimunterbringungen, hinzukommen (siehe Kasten), rechnet Tietje für 2009 mit einem satten Fehlbetrag von 4,08 Millionen. Bisher waren minus 863000 Euro kalkuliert nach rund 2,3 Millionen im Jahr 2007 und voraussichtlich 1,8 Millionen Euro in diesem Jahr.

Schlechte Nachrichten also für die Haushaltspolitiker, die sich nach der Einbringung der Haushaltssatzung in den Rat in der kommenden Woche wieder einmal mit Einsparmöglichkeiten beschäftigen müssen. Bisher blieb die Phantasie und Einigkeit dabei begrenzt.

Einziges greifbares Ergebnis eines Haushaltskonsolidierungsprojekts, über das man sich seit einem Jahr unterhält, war der Vorschlag, den Gewerbesteuerhebesatz um fünf auf 445Prozentpunkte anzuheben. 125000 Euro pro Jahr mehr hätte das gebracht, wurde aber gestern im Haupt- und Finanzausschuss doch wieder gekippt. "Das passt angesichts der Finanzmarktkrise nicht in die Zeit" begründeten SPD und CDU den "Rückzieher". Die kleinen Parteien wollten ohnehin nicht mitspielen.

Der Kämmerer hat die hohen Annahmen bei der Gewerbesteuer auch für die Folgejahre gesenkt (siehe Kasten), rechnet nun erst 2012 mit einen kleinen Überschuss im Gesamthaushalt. Dabei sind die Annahmen immer noch sehr optimistisch, wie Kritiker anmerken. So kalkuliert Tietje trotz sich abkühlender Konjunktur für 2009 noch ein Plus von 2,5, für 2010 von vier Prozent ein.

Nur der Ausgangswert ist gesenkt, weil in diesem Jahr nach jetzigem Stand - immer noch gute - 13,3Millionen statt der erwarteten 14,4Millionen Euro fließen werden. "2008 können wir das noch durch ein Plus bei der Einkommensteuer ausgleichen, dann nicht mehr, sagt Tietje. "Die Gewerbesteuer ist einfach nicht kalkulierbar, da bleibt mir nur übrig, mich an die Orientierungsdaten des Landes zu halten", wehrt er sich gegen Vorwürfe, den Etat schön zu rechnen.

Fakt ist: In den nächsten Jahren könnte die Stadt wieder Probleme mit der Genehmigungsbehörde bekommen. Die mit Beginn der neuen kommunalen Finanzwirtschaft (Bilanzierung) im Jahr 2007 auf 8,7Millionen Euro festgelegte Ausgleichsrücklage, die für die Deckung von Defiziten benutzt werden darf, ist voraussichtlich 2010 aufgebraucht. Dann muss vom derzeit noch rund 25Millionen Euro hohe Eigenkapital gezehrt werden.

Geschieht das in zwei Jahren hintereinander um mehr als fünfProzent, muss wieder ein Haushaltssicherungskonzept aufgestellt werden. Tietje kalkuliert derzeit für 2010 mit einem Rücklagenverbrauch um 6,46 Prozent, für 2011 mit 4,47 Prozent. "Wir sind an der Grenze", räumt er ein. Nicht auszuschließen, dass der Kreis als Finanzaufsicht eingreift, und eventuell auf eine Ausgabenbeschränkung drängt. Zu Gesprächen soll es in den nächsten Wochen kommen.

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