Trotz Milchboykotts: Kein Cent zusätzlich pro Liter

Für Landwirte hat sich der Streik noch nicht im Portemonnaie ausgezahlt.

Sprockhövel. Das nennt man wohl eine Milchmädchenrechnung. Mit Spannung hatten die Sprockhöveler Milchbauern, die fast ausnahmslos an die Genossenschaftsmolkerei Campina (früher Tuffi) liefern, auf die Juni-Abrechnung gewartet.

Ein paar Cent mehr für den Liter hatten sich viele erhofft, nachdem der Milchboykott Anfang Juni, an dem sich auch viele Landwirte aus der Region beteiligt hatten, nach Zusagen von Molkereien und Handel beendet worden war. Zumindest Discounter hatten danach den Milchpreis für Endverbraucher auch erhöht. Das Ergebnis sorgte aber jetzt für lange Gesichter.

"Wir kriegen keinen Cent mehr pro Liter", klagt Volker Stens und fühlt sich regelrecht "veräppelt". 32Cent pro Liter standen auf der Juni-Abrechnung - genau so viele wie im Mai. "Dass es die geforderten acht Cent mehr würden, damit hatte ich schon nicht gerechnet, aber auf sechs Cent zusätzlich hatte ich doch gehofft", sagt er.

Waren die Einkommensverluste, die er durch eine Reduzierung seiner Liefermenge während des Boykotts auf sich genommen hat, also für die Katz? "Zum Nachdenken habe ich derzeit wenig Zeit, jetzt muss erst einmal die Geste eingefahren werden", sagt Stens.

Auch Dirk Gelbrich, der ebenso enttäuscht ist, weiß noch nicht wie er reagieren soll. "Mal sehen, was die Landwirte ’rauskriegen, die andere Molkereien beliefern", sagt er. "Das möchte ich erst einmal abwarten."

Doch auch dort scheint sich ein ähnliches Bild abzuzeichnen. "Ich habe auch nur die 32 Cent wie schon im Mai bekommen", sagt Dirk Kalthaus, stellvertretender Kreisvorsitzender des Landwirtschaftsverbandes. Er beliefert inzwischen nicht mehr Campina, sondern eine andere Molkerei. Ganz nutzlos nennt er den Streik dennoch nicht. "Ich bin fast sicher, dass wir ohne den sogar weniger als 30 Cent pro Liter bekommen hätten."

Er hoffe darauf, dass die Preise wie im vergangenen Jahr zum Herbst und Winter hin wieder ansteigen und derzeit den Tiefstpunkt erreicht hätten. "Das ist auch bitter nötig", stellt er klar. "Einen weiteren Streik könnte wohl kaum ein Landwirt verkraften."

Kalthaus: "Wer noch Reserven hatte aus dem vergangenen Winter, als der Milchpreis auf 40 Cent pro Liter Prozent gestiegen und endlich mal den Erzeugerkosten entsprach, der dürfte sie spätestens jetzt aufgebraucht haben." Insofern komme ein weiterer Streik derzeit wohl nicht in Betracht. "Wir haben aber den Molkereien und dem Handel gezeigt, dass wir etwas bewegen können", zieht Kalthaus daraus noch einen positiven Aspekt.

In der Campina-Zentrale in Holland stellt man jedenfalls kaum deutliche Preissteigerungen für die nächste Zeit in Aussicht. "Der aktuelle Preis liegt sogar höher als vor einem Jahr", sagte Unternehmenssprecherin Ria van der Peet der WZ. Ob es vielleicht nächsten Monat eine Erhöhung gebe, müsse man sehen. "Wir werden den Markt genau beobachten und sehen, was die Konkurrenz zahlt."

Tendenziell müsse man allerdings erst einmal die Erlöse für die holländischen und belgischen Milchbauern angleichen. Die erhielten von Campina derzeit etwas weniger, als ihre deutschen Kollegen.

Das dürfte die hiesigen Landwirte angesichts drastisch gestiegener Kraftstoff-, Futter und Düngemittelkosten wohl kaum trösten.

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