Sprockhövel braucht mehr Einwohner

Rutscht die Bevölkerungszahl dauerhaft auf unter 25 000, drohen finanzielle Einbußen.

Sprockhövel braucht mehr Einwohner
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Sprockhövel. Die magische Schwelle rückt immer näher. Denn die Einwohnerzahl Sprockhövels ist zu Beginn des neuen Jahres erneut zurückgegangen. Nach Angaben der Stadtverwaltung leben aktuell 25 280 Menschen in der Stadt. Vor fünf Jahren waren es noch fast 25 600. Das Problem: Falle die Einwohnerzahl unter 25 000, dann erhalte Sprockhövel vom Land weniger Schlüsselzuweisungen, erklärt Stadtsprecher Uwe Kellner. Denn der kommunale Finanzausgleich, der Investitionen in finanzschwachen Städten stärken soll, ist an die Einwohnerzahl gekoppelt.

Noch knapper ist es laut Kellner nach Angaben des Landesbetriebs IT.NRW. Dieser sehe Sprockhövel sogar schon knapp unter der magischen Schwelle. Noch stelle das kein Problem dar, da man mehrere Jahre unter der Marke liegen müsse, damit die Zuweisungen gekürzt würden. Hinzu komme das Problem, dass IT.NRW die Einwohnerzahlen der Städte auf Basis der Zensus-Befragung nur hochrechne, so Kellner. Mehrere Städte haben deshalb Klage eingereicht.

Doch eine langfristige Tendenz scheint sich durch die Überalterung der Bevölkerung deutlich abzuzeichnen. Daran kann auch der zwischenzeitliche Bevölkerungszuwachs durch Flüchtlinge kaum etwas ändern — aktuell leben nur noch 223 in Sprockhövel. Wenn nicht weiter gebaut werden würde, würde Sprockhövel bis 2030 massiv an Einwohnern verlieren. Der Rückgang würde nach der letztjährigen Prognose der Stadt zwölf Prozent betragen. 2030 würden dann nur noch 22 800 Menschen in Sprockhövel leben.

Die Stadt versucht gegenzusteuern. Im Riepelsiepen in Niedersprockhövel entstehen etwa 50 Wohneinheiten in Reihenhäusern und Doppelhaushälften. Wohnraum also, der junge Familien anlocken soll. Denn nicht nur Zuzüge können die Bevölkerungszahl stabilisieren, auch eine steigende Geburtenrate. Hier sei schon eine positive Tendenz erkennbar, sagt Kellner: „Die Geburtenrate steigt wieder.“ Außerdem scheint es immer weniger Menschen zu geben, die in die umliegenden Großstädte abwanderten. „Die Mobilität in die Großstädte ist leicht rückgängig“, sagt Kellner.

Doch wie nachhaltig sind diese Effekte? Gerade was das Entwicklungspotenzial beim Thema Wohnraum angeht, sieht Kellner ein großes Problem. „Nach dem Baugebiet Im Riepelsiepen stehen wir ohne weitere verfügbare Flächen da“, sagt er. Ein regelrechter „Kampf um Wohnbau- und Gewerbeflächen“ sei entbrannt. Im Fokus der Kritik der Stadtverwaltung steht hier der Regionalverband RVR. „Der RVR sieht Sprockhövel als Naherholungsgebiet des Ruhrgebiets“, kritisiert Kellner. Deshalb ermögliche der Verband durch die Regionalplanung kaum neue Bauflächen in Sprockhövel. Dabei dränge die Zeit zum Gegensteuern immer mehr. Die geburtenstarken Jahrgänge kämen nun ins Rentenalter, schon jetzt sei fast die Hälfte der Sprockhöveler über 60 Jahre alt, so Kellner.

Auch innerhalb Sprockhövels sorgt die demografische Entwicklung für deutliche Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur. Zwar sind die Einwohnerzahlen der meisten Ortsteile in den vergangenen fünf Jahren recht gleichmäßig gesunken. Niedersprockhövel verzeichnete 2013 noch 9552 Einwohner, Anfang 2018 waren es 9472. Obersprockhövel schrumpfte von 1588 Einwohnern auf 1570. Haßlinghausen hat statt 9126 nur noch 8899 Einwohner. In Gennebreck leben nicht mehr 1915, sondern nur noch 1891 Menschen. Zuwächse verzeichneten dagegen Niederstüter, wo statt 1616 jetzt 1634 Menschen leben, und Hiddinghausen, das von 1761 auf 1814 Einwohner zulegte.

Doch die relativ geringe Veränderung täuscht über ein Phänomen in Sprockhövel hinweg: „Es gibt sehr viele Umzüge zwischen den Ortsteilen“, sagt Uwe Kellner. Gut 1100 seien es jährlich. Und auch das sei eine Folge der demografischen Entwicklung. „Viele ältere Menschen ziehen in kleine Wohnungen in den Ortskernen von Niedersprockhövel und Haßlinghausen, außerhalb werden viele große Wohnungen an Familien vermietet“, so Kellner. An Aufgaben für Stadt und Politik mangelt es also nicht. Im Frühjahr will die Stadt dazu ihre aktuelle Analyse vorlegen.

www.sprockhoevel.de/stadt-tourismus/zukunftskonzeption

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