Sprockhövel SPD muss „Versprechen auf ein besseres Morgen“ bieten

Sprockhövel. · Sprockhöveler Sozialdemokraten luden zum Jahresempfang. Landesparteichef Sebastian Hartmann war zu Gast.

 Sebastian Hartmann zeigte sich beim Neujahrsempfang des SPD-Stadtverbands Sprockhövel.

Sebastian Hartmann zeigte sich beim Neujahrsempfang des SPD-Stadtverbands Sprockhövel.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Sebastian Hartmann ist Organisationsberater und Coach und als solcher weiß er, was einer verunsicherten Partei und deren Genossinnen und Genossen in stürmischen Zeiten helfen kann. Der aufmunternde Appell, Mut zu zeigen und sich auf seine eigenen Stärken zu besinnen, den Fokus auf den Markenkern der Partei zu richten und sich nicht von anderen beirren zu lassen. Bei seinem Auftritt auf dem Jahresempfang der Sprockhöveler SPD gibt sich der erst im Juni vergangenen Jahres zum neuen SPD-Landesvorsitzenden gekürte Hartmann zuversichtlich und kampfeslustig. Die etwa 90 Besucher quittieren den Auftritt mit kräftigem Applaus.

Hartmann war bei seiner Ernennung zum neuen Parteivorsitzenden der traditionsreichen und bis dato vor allem siegesverwöhnten NRW-SPD alles andere als unumstritten. Der 41-jährige Bundestagsabgeordnete der SPD galt als unbeschriebenes Blatt und sollte nun den mitgliederstärksten Landesverband der Partei übernehmen – kurz nach dem überraschenden Machtverlust in Düsseldorf. Da kamen denn doch Zweifel bei manchen Genossen auf. Sollte Hartmann jemals selbst Zweifel gehabt haben, diese Rolle erfüllen zu können, so lässt er sich bei seinem Auftritt in der Partyscheune der Destillerie und Brennerei Habbel davon nichts anmerken. Eloquent und mit einer inhaltlich klaren Linie gibt der gebürtige Oberhausener, der seit seiner Schulzeit in der Bonner Region lebt, die Politikfelder vor, auf denen die SPD wieder Profil zeigen muss – sowohl im Bund wie im Land.

Mit seiner Rolle als Neuer an der Spitze der nordrhein-westfälischen SPD kokettiert Hartmann dabei durchaus ironisch. „1,77 Meter – zu mehr hat es nicht gereicht“, erklärt er zum Auftakt seiner Rede mit Verweis auf seine Länge. Recht schnell kommt er dann auf die Programmatik zu sprechen. Die SPD sei „kein Selbstzweck“ und müsse „den Rahmen“ setzen, innerhalb dessen Politik gestaltet wird. Dass er im „Wettstreit der Ideen“ auch durchaus auf extremistische Parteien schaut, verhehlt Hartmann nicht: „Die Populisten stellen manchmal die richtigen Fragen, aber sie geben immer die falschen Antworten“, sagt er. Die Sozialdemokraten müssten nun eben „andere Antworten“ finden.

Die Wohnungspolitik, der Kampf gegen die soziale Ungleichheit, neue Formen der Arbeit oder Fragen der Bildung stehen im Mittelpunkt der politischen Neuausrichtung, die sich Hartmann für die SPD in Nordrhein-Westfalen – und vermutlich nicht nur dort – wünscht. Es könne nicht sein, dass die Lebenserwartung der Menschen in Gelsenkirchen im Durchschnitt fünf Jahre niedriger sei als jener in Münster. Hartmann spricht sich hier für Solidarität und eine Eindämmung der Märkte aus. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Märkte den Menschen nicht schaden“, betont er. Die Sozialdemokratie müsse die „liberale Idee der Freiheit“ mit der „sozialen Emanzipation“ verbinden.

Zugleich warnt der neue Landesvorsitzende davor, den Blick immer nur nach hinten zu richten und das Vergangene zu betrauern. „Es ist kein sozialdemokratischer Satz, zu sagen: ‚Früher war alles besser.‘“ Die neu ausgerichtete SPD-Politik müsse ein „Versprechen auf ein besseres Morgen“ bieten. Zugleich dürften die Genossen keine Angst vor Veränderungen haben: „Die Zukunft ist offen“, Zielrichtung der SPD müsse es sein, „neue Sicherheit im Wandel“ zu vermitteln.

Ob und inwieweit Alkohol bei der Neuausrichtung der SPD hilft, ist fraglich. Gleichwohl überreichte die Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes, Marion Prinz, dem Landesparteichef mit Verweis auf den Ort des Treffens eine Flasche Hochprozentiges. Hartmann schaute mal kurz nach, wie viel „Umdrehungen“ das Geschenk hat. „38 Prozent sind nur die untere Grenze“, sagt er. Die Partei wächst eben mit ihren Ansprüchen.

Bei den Zuhörern – darunter neben Stadtvertretern auch Bundes- und Landespolitiker sowie Landrat Olaf Schade (SPD) - kommt die Rede durchaus gut an, es gibt allerdings Skepsis, was den Wiederaufstieg der SPD zu alter Größe anbelangt. Die Äußerungen Hartmanns gingen in die „richtige Richtung“, lobt zum Beispiel Ex-Bürgermeister und Genosse Klaus Walterscheid. Gleichwohl sei die Frage, ob ein paar gute Reden „neuen Schwung“ in die SPD brächten. Derzeit gebe es in der Partei leider „nicht mehr so viele in der Wolle gefärbte Sozialdemokraten“.

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