Beratung Silbertelefon holt Senioren in Sprockhövel aus der Isolation

Sprockhövel. · Die Seniorenunion Sprockhövel will das bundesweite Angebot regionalisieren, um den Menschen so mehr Vertrauen zu geben.

 Gerade im Lockdown gibt es für viele Menschen erhöhten Gesprächsbedarf. Die Seniorenunion will darauf reagieren.

Gerade im Lockdown gibt es für viele Menschen erhöhten Gesprächsbedarf. Die Seniorenunion will darauf reagieren.

Foto: dpa/Britta Pedersen

Der zweite Lockdown trifft viele Menschen auf unterschiedliche Weise. Gerade ältere Menschen haben unter dem Kontaktverbot während der Corona-Pandemie zu leiden, vor allem wenn sie alleinstehend sind. Um die Ausbreitung des Virus’ einzudämmen, sollen sie möglichst zu Hause bleiben und keinen Besuch mehr empfangen. Obwohl es darum geht, mit diesen Maßnahmen Ältere und Kranke zu schützen, leiden diese Menschen häufig unter Einsamkeit. Der nicht selbst-gewählten Isolation möchte die Seniorenunion der CDU Sprockhövel ein Angebot entgegensetzen. Sie greift die Idee des „Silbernetzes“, einer bundesweiten Hotline auf. „Es ist ein soziales Angebot für Menschen, die ihre Sorgen am Telefon loswerden wollen“, sagt der Initiator Klaus Befelein.

Um die Berührungsängste abzubauen, bietet die Seniorenunion mittwochs und sonntags Gesprächszeiten für ältere Menschen an, die sich alleine und einsam fühlen. Das „Silbertelefon“ ist anonym, vertraulich und kostenlos. „Ehrenamtliche haben berichtet, dass die Akzeptanz einer Anlaufstelle vom regionalen Bezug abhängt“, sagt Befelein. Betroffene Senioren scheuten sich, bei einer Hotline anzurufen. Wer weiß, wer dahintersteckt, laute eine Befürchtung, sagt Befelein. Das „Silbertelefon“ ist am vergangenen Mittwoch gestartet.

Die Gespräche bleiben anonym. Darauf legt die Seniorenunion Wert. „Wir führen nur ein Protokoll, um zu evaluieren, welchen Bedarf es gibt“, sagt Klaus Befelein. Darin werde unter anderem die Gesprächszeit, das Thema, das Alter des Anrufers festgehalten. „Die Anrufer waren alle älter als 70 Jahre“, sagt er. Die Gespräche drehten sich häufig um Themen, die mit Corona zu tun haben. Darunter Ängste vor Impfungen oder zusätzlichen Restriktionen, die die Einsamkeit zusätzlich verstärken würden, aber auch die Sorge wegen eines Nicht-Besuchs des Gottesdienstes.

„Es geht darum, ein offenes Ohr zu haben und Menschen zuzuhören, die sonst keine Gelegenheit haben, jemandem etwas zu erzählen“, sagt der neu gewählte Ratsherr. Das Silbertelefon diene aber auch dazu, weiterführende Hilfsangebote zu finden. Der Vorzug der Regionalisierung liegt für Befelein ebenfalls darin, dass die Menschen am Silbertelefon den gleichen Erfahrungshorizont wie der Anrufer haben und einen vertrauten Dialekt sprechen. „Wenn von Sprockytown die Rede ist, wissen beide, was gemeint ist“, sagt er.

Seniorenbüro befürwortet regionales Angebot

Elke Junge vom Seniorenbüro der Stadt befürwortet die Initiative der Seniorenunion. „Ein regionales Silbertelefon kann ich mir gut vorstellen, weil die Berater Tipps geben können, was man in Sprockhövel machen kann“, sagt sie. Es sei aber nicht nur vor Ort ein besonderer Bedarf an solchen Angeboten da. Überall liefen derzeit Gruppenangebote nicht, Veranstaltungen fielen aus und Familienfeiern fänden nicht mehr in gewohnter Weise statt. Gerade für Senioren sei es aufgrund ihrer körperlichen Gegebenheiten nicht leicht, die Einsamkeit zu kompensieren. „Jüngere Menschen können zum Beispiel eine Radtour machen“, sagt Jung.

Jede Initiative, um Menschen aus der nicht-selbstgewählten Isolation herauszuholen, sei gut. „Je mehr Angebote es gibt, desto mehr kann man erreichen“, so Junge. Auch wenn es die „älteren Menschen“ nicht gebe. Viele, die sich bislang in Gruppen getroffen haben, haben während der Pandemie regelmäßigen Kontakt untereinander. Andere seien allein, weil sie den Partner verloren haben. Sie suchten bereits das Gespräch im Seniorenbüro oder in kirchlichen Einrichtungen. „Wir sind hier aber in der glücklichen Situation, dass wir eine kleine Stadt sind, in der es funktionierende Nachbarschaften gibt“, sagt Jung. Es sei überschaubar und häufig antworteten Senioren auf die Frage nach Hilfe: „Das macht meine Nachbarin für mich.“

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