Kabarett: Harald Knebel findet: Männer sollten schön sein

Harald Knebel und sein Affentheater mit „Love is in Sie Er“ in der Glückaufhalle.

Haßlinghausen. Hartnäckig hält sich ein Gerücht: Männer müssen nicht schön sein. Davon profitiert der Mann mit den Glasbausteinen in der Brillenfassung, Herbert Knebel, schlaksiger Rentenanwärter mit niemals aufrechtem Gang.

Weil der nun mal den Menschen von anderen Primaten unterscheidet, darf sich die Combo um Knebel mit Fug und Recht als Affentheater bezeichnen. In genau dieser Funktion bestieg das Kabarett-Quartett am Donnerstag die Bühne der Glückaufhalle: pomadige Halbglatze am Bass (Martin Breuer), Kaufhaus-Perücke an der Lead-Gitarre (Georg Goebel-Jackobi). Vom Trainer, dem Schlagzeuger Detlef Hinze, hätte man sich gewünscht, dass er noch mehr Affe und entsprechend auf dem Hosenboden geblieben wäre. Denn die Jogging-Buchse zog so straff am Gemächt, dass man es sich anders überlegte: Männer sollten lieber schön sein.

Nun ist der Widerling Markenzeichen von Uwe Lyko, wie Knebel noch zu Zeiten als Nur-Punkrocker hieß. Dass er nicht das Zeug zu George Clooney hat, lässt er gerne raushängen. "Ich wüsst jetz gern ma, wat die Dame da links in die zweite Reihe von mich denkt", sagte er und wusste: "Sie denkt nicht daran, dass hoffentlich der Hosenträger bald reißt."

Auch die gespielten Schwierigkeiten mit der Artikulation knebeln den Ärmsten mittlerweile so sehr, dass er sich mitunter vom ohnehin aufgesetzten Ruhrpott-Dialekt zu befreien sucht. Mag der Saal auch unisono toben, sobald Knebel wieder mal einfachste Syntax zu Wurstsalat verschnippelt, so bleibt seine wahre Kunst doch schauspielerisch-musikalischer Natur.

"Love is in Sie Er" nennt er sein aktuelles Programm und erspart dem Publikum die darin angedeutete Schnulze von John Paul Young. Ersatzweise gibt es Geschlechterkampf aus der Rentnerhüfte und eine Auswahl der schönsten Oldie-Entstellungen. "Radar Love" kriegt dabei sein Fett weg wie "Bridge over troubled water", hier die Brücke über unruhiges Wasser.

Dass all’ dies auch zum visuellen Erlebnis wird, ist nicht Verdienst ungebändigter Schönheit, sondern hart erarbeitet. Wer sonst könnte zwei Stunden lang durch 20 Dioptrien auf das Volk schauen, sich von dort noch, wie in Sprockhövel geschehen, per Zwischenrufen auf den Sender gehen lassen und Perfektion liefern? Deshalb: Knebel for Rentner-President.

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