Herzkamp: Ein Senior bringt der Jugend die Trompetentöne bei

Vor 131 Jahren wurde der Posaunenchor Herzkamp gegründet. Jung und Alt spielen dort gemeinsam.

Herzkamp. Pffffff . . . Celine, Jana, Jolijn und Kira pusten in die Mundstücke ihrer Trompeten, denn bevor die vier Mädchen ihren Instrumenten die ersten Töne entlocken können, müssen die Metallstücke warm sein. Verschiedene Töne können auch allein durch eine veränderte Lippenstellung auf dem Mundstück erzeugt werden.

„Wegen der starken Beanspruchung der Mundpartie hat man früher auch erst in recht fortgeschrittenem Alter mit dem Posaunespielen angefangen“, sagt Karl-Heinz Graf, der den Posaunenchor Herzkamp seit beinahe 29 Jahren leitet.

Dass zu frühes Spielen der Lunge oder den Zähnen schade, ist mittlerweile jedoch widerlegt. „Heute beginnt man zwischen acht und zehn Jahren. Er selbst hat erst mit 14 Jahren begonnen, seit 1963 ist er Mitglied im Posaunenchor Herzkamp.

Als Gründer des Chors gilt der Missionar Wilhelm Heienbrok. In seinen 1945 niedergeschriebenen Memoiren erinnert sich der ehemalige Schüler der Barmer Missionsschule: „So kam ich nach dem Herzkamp, zunächst um die Sonntagsschule zu leiten, aber auch, um einen Posaunenchor zu gründen.“ Das war 1880. Heute, 131 Jahre später, ist der Herzkamper Posaunenchor stolz auf seine Geschichte: „Uns gab es auch während der Wirren des Zweiten Weltkrieges“, sagt Karl-Heinz Graf.

Seither ist spielt eine bunte Mischung zusammen: Im Hauptchor ist das jüngste der 23 aktiven Mitglieder 15 und das älteste 78 Jahre alt — und der Senior spielt dabei gleich das schwerste Instrument. Zehn Kilogramm wiegt die Tuba von Hermann Krämer. Da werden auch die anwesenden Jungbläser — Celine, Jana, Jolijn und Kira — neugierig: „Das ist ja ganz schön schwer“, raunen sich die Vier zu.

Die vier zehnjährigen Mädchen haben erst im vergangenen Jahr mit dem Trompetespielen angefangen, Hermann Krämer hingegen spielt seit 1946 die Tuba. „Daran ist mein alter Herr Schuld“, erzählt er. Aber seither komme er nicht mehr von dem Instrument los. In vielen Posaunenchören war er bereits aktiv. Mit den Herzkampern musiziert Krämer seit 2004.

„Das war reiner Zufall“, sagt der 78-Jährige. Vor sieben Jahren sei er in die Nähe seines Sohnes nach Wuppertal gezogen. Dieser hatte einen Praktikanten, der Tenorhorn spielte — im Posaunenchor Herzkamp. Der Sohn überlegte nicht lange, sondern schickte seinen Vater zur Probe. Die Herzkamper nahmen Krämer gerne auf, denn eine Tuba fehlte ihnen noch. Seither ist er jeden Freitagabend um Viertel nach Acht pünktlich zur Stelle und probt.

„Im Hauptchor ist mehr Disziplin gefragt“, sagt Leiter Graf. Jede Probe wird konzentriert durchgezogen. Bei den Jungbläsern geht er hingegen spielerischer vor und gibt auch mal eine kleine Kunde in Agrargeschichte. Das Lied der Drescher wird einstudiert und die Mädchen sollen wissen, was so ein Drescher früher gemacht hat. Geduldig erklärt Graf außerdem verschiedene musikalische Begriffe.

Einige davon kennen die Mädchen bereits — jedes von ihnen spielt mindestens ein weiteres Instrument. Schwierig ist es dennoch. „Wenn es nicht klappt, habt ihr ja noch das Wochenende zum Üben“ — ein Wink mit dem Zaunpfahl von Chorleiter Graf, denn mit 45 Minuten Probe jeden Freitagabend ist für die jungen Trompeterinnen noch lange nicht Schluss mit Üben. Denn auch für Blechbläser gilt die Devise: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen.

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