Gewalt hinter der Haustür

Alle zwei Tage rückt die Polizei wegen häuslicher Gewalt aus. Häufig wird geschwiegen.

Schwelm. Blutergüsse, Angst und Hilflosigkeit. In vielen Familien gehört das zum Alltag. Im Ennepe-Ruhr-Kreis gibt es im Durchschnitt an jedem zweiten Tag einen Polizei-Einsatz wegen häuslicher Gewalt. Viel öfter jedoch sprechen die Opfer nicht und niemand ahnt, was hinter der geschlossenen Haustür passiert. Meist schweigen die Opfer aus Scham, für andere sei die Gewalt bereits zur Normalität geworden, weiß Katrin Johanna Kügler. Sie ist die stellvertretende Leiterin des Fachbereichs Soziales und Gesundheit im Ennepe-Ruhr-Kreis.

Besonders dramatisch: Häusliche Gewalt ist ein Phänomen, das sich immer mehr ausweitet. Besonders anfällig seien Familien, die von Alkoholismus und Arbeitslosigkeit geprägt sind. Dennoch gibt es Gewalt in jeder Gehaltsgruppe. "In höheren Gesellschaftsschichten ist die Hemmschwelle noch größer, einen vermeintlichen Verrat am Partner zu begehen", sagt Kügler.

Beim 6. Fachtag, den die Kreisverwaltung in Kooperation mit der Beratungsstelle Pro Familia organisiert hat, ging es um die Kindeswohlgefährdung und häusliche Gewalt. Lehrer und Erzieher wurden mit Hilfsangeboten von Beratungsstellen und Behörden vertraut gemacht. Sie können die Spirale der Gewalt durchbrechen, wenn sie aufmerksam die Kinder beobachten und Hilfe holen.

"Manche Kinder ziehen sich plötzlich zurück, andere zeigen schon im Kindergarten auffällige Gewaltbereitschaft", sagt Kügler. Symptome, die auf Probleme im Kinderzimmer hinweisen. Auch wenn Kinder unter der Gewalt leiden, kopieren sie das Verhalten ihrer Eltern. "Wir müssen deshalb so früh wie möglich an die Kinder ran und solche Rollenmuster aufbrechen."

Sollte im Zuge häuslicher Gewalt das Kindeswohl gefährdet sein, wird das Kind vorübergehend aus der Familie genommen.

Gewalt geht übrigens nicht immer nur von Männern aus. "Auch Frauen können Gewalt ausüben, nur sie brauchen dazu nicht immer Fäuste", ergänzt Katrin Johanna Kügler. Auch Worte können tiefe Wunden in die Seele reißen und Erniedrigung bedeuten.

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