Eltern fühlen sich gegängelt

Sprockhövel gab es nur wenige Mahnungen, seit die Meldepflicht besteht. Die Fehlerquote liegt bei 80 Prozent.

Sprockhövel. Zumindest in den Sprockhöveler Kinderarztpraxen ist ein zusätzlicher Ansturm ausgeblieben, seit im Sommer 2009 in NRW Eltern, die Vorsorgeuntersuchungen für ihr Kind versäumen, angemahnt werden.

"Seitdem hatte ich vielleicht sechs oder sieben Eltern, die nachträglich mit ihrem Kind gekommen sind", berichtet Erika Ostholt, Kinderärztin an der Mittelstraße. Und auch Anke Zwilling aus Niedersprockhövel schätzt die Zahl in ihrer Praxis auf nicht mehr als fünf. "Die kannte ich alle bereits aus vorherigen Untersuchungen", sagt Zwilling. Ziel des Gesetzgebers ist, durch die Maßnahme auch Eltern zum Arztbesuch zu bewegen, die die U-Untersuchungen bisher nicht so wichtig nahmen und dadurch eine bessere Gesundheitsvorsorge, die Früherkennung von Förderbedarf, im Extremfall auch von Vernachlässigung oder Misshandlung, zu gewährleisten.

"Wenn das so erfüllt werden sollte, wäre das ja schön", sagt Erika Ostholt, ist da aber skeptisch. Eltern fühlten sich durch die Mahnung teilweise auf die Füße getreten, zeigten allerdings meist Einsicht, wenn ihnen der Hintergrund erklärt werde.

Dass es in ihrer Praxis bisher so wenige "säumige" Eltern gebe, führt Erika Ostholt darauf zurück, dass sie selbst viele Eltern im Vorfeld anschreibe und auf die nächsten Regeluntersuchungen ihrer Kinder hinweise. "Ich kenne die meisten ohnehin, da ist ein Erinnerungsschreiben sehr hilfreich." Ihrer Erfahrung nach lasse die Bereitschaft, die U-Untersuchungen auch wahrzunehmen, mit steigendem Alter der Kinder nach. Ostholt: "Das ist keine böse Absicht." Von der neu eingeführten U7a wüssten viele Eltern auch gar nichts, da sie in den Vorsorgeheften oft noch gar nicht aufgeführt sei. Ostholt sieht die wichtige Vertrauensbasis mit den Eltern gestört, wenn Kinderärzte plötzlich als Aufpasser gelten. Sie müssen allerdings nur diejenigen melden, die die Vorsorgeuntersuchung besucht haben.

Der Abgleich mit den Listen geschieht dann beim Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit (LIGA). Das mahnt säumige Eltern an und informiert binnen einer Frist die Jugendämter, falls weiter keine Rückmeldung kommt. Diese Frist soll verlängert werden, nachdem es vielfach dazu gekommen ist, dass Eltern von den Ämtern angeschrieben wurden, die in der Zwischenzeit bereits beim Arzt waren.

In Sprockhövel hat das Jugendamt bisher zwölf Mahnungen verschickt - bei einer Fehlerquote von 80 Prozent.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort