Ein Zeugnis der Verkehrsgeschichte

Der Bahnhof in Niedersprockhövel markierte einst die Wende im Wirtschaftsleben der Stadt. Heute fahren dort keine Züge mehr vorbei.

Ein Zeugnis der Verkehrsgeschichte
Foto: Stefan Fries

Niedersprockhövel. Wenn man in Niedersprockhövel zum Bahnhof geht, dann schon seit 1979 nicht mehr, um von dort aus mit dem Zug in Richtung Wuppertal oder Hattingen zu fahren. Die Bahnlinie wurde für den Personennahverkehr 1979 eingestellt, für den Güterverkehr dann fünf Jahre später.

Sprockhövels

Denkmäler

Der Bahnhof ist das Ziel, wenn man Lebensmittel aus biologischem Anbau erwerben will, wenn man in urgemütlicher Umgebung auf knarrenden Stühlen unterschiedlicher Stil- und Bauart an Holztischen im ehemaligen Wartesaal Kaffee und Kuchen genießen oder Leckeres zu Mittag zu sich nehmen möchte. Für all das zeichnet die Laden- und Restaurationsinhaberin Ina Stock verantwortlich und zeigt sich mit dem Erfolg ihrer Geschäftsidee sehr zufrieden. „Seit zweieinhalb Jahren sind wir hier drin, und es hat sich gut entwickelt“, so Ina Stock, die im „Alten Bahnhof“, so auch der offizielle Name der Lokalität, neun Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt.

Dass sich ihr Unternehmen auch seitens der Radfahrer und Wanderer großer Beliebtheit erfreut, zeigt der von den Besuchern „angelegte“ Trampelpfad, der durch dichtes Gehölz von der Glückauftrasse geradewegs in den Biergarten führ. Der wartet dort, wo früher die Gleise herliefen und die Reisenden am Bahnsteig der einlaufenden Züge geharrt haben, mit rustikalen in Eigenarbeit gefertigten Sitzmöbeln und ebensolchen Tischen auf hungrige und dürstende Trassenbenutzer, die sich für die weiteren Anstrengungen im Grünen stärken können

Weniger auf Radler und Wanderer, sondern eher auf normale Sprockhöveler Steuerbürger wartet das Steuerberatungsbüro im anderen Teil des ehemaligen Bahnhofes mit seiner Laderampe, dessen derb gepflasterter Vorplatz der ideale Parkplatz für die Kundschaft ist.

1884 mit der Fertigstellung der Bahnlinie Wichlinghausen-Hattingen nahm auch der Bahnhof Sprockhövel seinen Betrieb auf.

Das drei-, im Anbau auch zweigeschossige Hauptgebäude erinnert in seiner Bauweise an den Bahnhof Schee und wurde aus heimischem Ruhrsandstein errichtet. Teilweise ist es verschiefert.

Die großflächigen Schieferdächer sind teils als Sattel-, aber auch als Krüppelwalmdächer erstellt worden. Im Hauptgebäude waren einst die Schalterhalle, der Warteraum, das Fahrdienstbüro und eine Bahnhofsgaststätte einschließlich mehrerer Wohnungen für das dort beschäftigte Personal.

Die Nebengebäude, nämlich die ehemaligen Toiletten und der Geräteschuppen, sind in Material und Form dem Hauptgebäude angepasst.

Neun parallel angelegte Gleise lagen vor dem Sprockhöveler Bahnhof, wobei einige der Firmen, die sich in der Umgebung niedergelassen hatten, über eigenen Gleisanschlüsse verfügten. Allen voran natürlich die Zeche „Alte Haase“, die bis zu ihrer Stilllegung 1969 der beste Kunde der Reichs- und später der Bundesbahn war. „Der Bahnhof dokumentiert die einschneidende Wendung im Verkehrs- und Wirtschaftsleben der Stadt durch den Anschluss der Bahnlinie. Darüber hinaus gilt er als Zeugnis für die Entwicklung der Bahnhofsarchitektur im ländlich-kleinstädtischen Bereich. Besonders für die zahlreichen Zechen im Sprockhöveler Raum bedeutete die Bahn den Anschluss an die steile Aufwärtsentwicklung der Ruhrgebietes und für Bürgerinnen und Bürger die schnelle Erreichbarkeit umliegender Großstädte und damit eine Erweiterung ihre Lebens- und Erfahrungsraumes“, heißt es in der 1997 erschienenen Jubiläumsschrift „100 Jahre Malakow-Turm“ für die Karin Hockamp, die Leiterin des Stadtarchivs, und Ludger Haverkamp, der Gründer des Heimat- und Geschichtsvereins verantwortlich zeichnen.

Der Bahnhof in Niedersprockhövel wurde am 5. März 1987 in die Denkmalliste der Stadt aufgenommen und gehört heute zu den markantesten Punkten an der „Glückauftrasse“, die Radlern, Spaziergängern und Wanderern als Erholungs- aber auch als bequemer Verkehrsweg dient.

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