„Die Natur ist stark gefährdet, wenn man sie nicht schützt“

Die Petition „Sprockhövel glyphosatfrei! Unsere Stadt soll pestizidfreie Kommune werden“ macht Furore im Netz. Die Grünen brachten das Thema jetzt in den Stadtrat.

Sprockhövel. „Sprockhövel glyphosatfrei! Unsere Stadt soll pestizidfreie Kommune werden!“, heißt eine neue Petition auf der Plattform „We act!“. 245 Menschen haben sie bis Freitagmittag unterzeichnet. „Die Zulassung von Glyphosat für weitere fünf Jahre trägt zur Umweltzerstörung bei, auch wenn es nicht nachweislich krebserregend ist“, argumentiert etwa eine Nutzerin. Auch auf Facebook wird die Petition eifrig geteilt und diskutiert.

Die einen wettern gegen das Unkraut-Vernichtungsmittel, das immer wieder durch die Medien ging. Andere Facebook-Nutzer äußern jedoch auch Verständnis für die Landwirte. Diese könnten den Ertrag durch den Einsatz von Glyphosat deutlich steigern und besser kalkulieren. Und die meisten Landwirte würden Pestizide sehr vorsichtig einsetzen, da sie sich der Gefahren bewusst seien.

Wissenschaftler Ingmar Hagemann, Initiator der Petition, findet hingegen: „Saatgut wird beispielsweise schon präventiv mit Pestiziden behandelt, bevor überhaupt ein Befall vorhanden ist. In der Summe bedeutet dies, dass durch die vielen Maßnahmen der industriellen Landwirtschaft die Natur immer weiter zurückgedrängt wird.“

Thomas Schmitz, Vorsitzender der Grünen-Ratsfraktion über die Folgen des Glyphosat-Einsatzes in der Landwirtschaft

Das Mitglied der Sprockhöveler Grünen will mit der Petition eine Diskussion anstoßen und die Bevölkerung sensibilisieren. Die Petition sieht er als ersten Anfang. „Wir müssen mit den gesellschaftlichen Akteuren in Kontakt treten“, fordert Hagemann. Er hat den Eindruck, dass viele Menschen gerne umweltfreundlicher handeln würden, ihnen aber ein Ansatzpunkt dafür fehlt. Den will er jetzt mit der Aktion auf lokaler Ebene bieten.

Beruflich beschäftigt sich Hagemann an der Universität Duisburg-Essen mit politischer Teilhabe und Demokratie. Mit seiner Petition will er sich jetzt auch ganz persönlich politisch engagieren. „Wir wohnen explizit in Sprockhövel wegen der Naturnähe — diese ist stark gefährdet, wenn man sie nicht schützt“, erklärt er.

Die Ratsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hatte in der vergangenen Ratssitzung am Donnerstag einen Antrag eingebracht, in dem sie Auskunft über die Verwendung von Glyphosat und anderen Unkrautvernichtungsmitteln in Sprockhövel seitens der Stadtverwaltung verlangt. Die Antwort wird alle Umweltschützer beruhigen: Weder die Stadt noch der Landesbetrieb Straßen benutzen Glyphosat. „Das ist sehr erfreulich und ermuntert auch die Landwirte, es nicht einzusetzen“, sagt die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Britta Altenhein. Die Grünen wollen jetzt ein Umdenken in der Landwirtschaft erreichen. Nach dem Antrag im Stadtrat sollen weitere Aktionen folgen. Dass — wie oft als Argument vorgebracht — die vielen Menschen nur durch den Einsatz starker chemischer Mittel ernährt werden können, lässt Britta Altenhein nicht gelten: „Durch die Lebensmittelüberschüsse in der EU mit ihren großindustriellen Methoden vernichten wir kleinbürgerliche Existenzen. In Deutschland haben wir diesen Weg schon hinter uns — jetzt geht es woanders weiter.“ Auch das Bienensterben sei ein Ausdruck dafür, dass sich etwas ändern müsse.

„Durch die fortwährende Nutzung von Unkrautvernichtungsmitteln wie Glyphosat wird unsere Natur unwiederbringlich zerstört. Nachweislich geht der Bestand an Insekten und Vögeln zurück und die Böden vergiften zunehmend“, warnt auch Thomas Schmitz, Fraktionsvorsitzender der Grünen.

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