Der Häuptling der Apachen grüßt seine treuen Fans

Gevelsberg: Die Fans trafen sich am Samstag, um den Film-Klassiker gemeinsam im Kino zu schauen.

Gevelsberg. Es war die Zeit, als man den Irokesen-Schnitt nur von der Leinwand kannte - zum Glück, denn hätte der Vordermann im Kino so etwas getragen, wäre beim damals handelsüblichen Flachparkett die Hälfte der Handlung in den Borsten versunken. Weil aber in den frühen 60er Jahren alles noch gesittet und mit Brisk frisiert zuging, hatte eine Generation männlicher Kinogänger die ungehinderte Möglichkeit, sich kollektiv in Nscho-tschi zu verknallen. Der Wermutstropfen fiel auf den letzten Filmmetern, als Bösewicht Maria Adorf die französische Indianerin mit einer Kugel niederstreckte.

1963 füllte die Verfilmung von Karl Mays einfach gestricktem Rot-Weiß-Gemälde "Winnetou I" die Kinosäle. Fast echter als echt ließ am Wochenende das "Filmriss-Kino" in Gevelsberg die goldenen Zeiten der 35-Millimeter-Spulen aufleben. Im Foyer stand neben der restaurierten Silberbüchse noch manch anderes Schätzchen von den Original-Dreharbeiten. Wenn etwas fehlte, dann allenfalls die Dame mit der Langnese-Box und der Werbespot: "Was halten Sie von Omo?"

175 von 199 Sitzplätzen waren beim Auftakt am Samstag gefüllt. Für den Winnetou-Spezialisten Georg Fennen aus Hilden Anlass genug, um am Sonntag rückblickend eine Freudenträne in den Augen zu haben. "Ein Supererfolg", sagt er, der aus dem Karl-May-Archiv in Göttingen Teile der Ausstellung als Leihgabe erhalten und sie um Stücke aus der eigenen Sammlung ergänzt hatte.

Dass Schauspieler Mario Adorf mit seinem Schuss nur Regieanweisungen folgte, dass eine Kugel gleich drei Kiowas vom Pferd pustete und die rot eingefärbten Laienschauspieler nach einem Intermezzo als Kurzzeit-Leiche wieder auf die Gäule sprangen, all das gelangte damals nicht wirklich in die Köpfe der jungen Zuschauer. Fennen, Jahrgang 1955, war ebenso dem Traum erlegen und erlebte sein großes Wunder, als er in der "Bravo" entdeckte, dass Winnetou-Darsteller Pierre Brice am selben Tag wie er Geburtstag hat.

Brice wurde kürzlich 80 Jahre alt. Laut Fennen, der ihn persönlich kennen lernte, lebt der Franzose immer noch den Winnetou. Seine Fans unternehmen derweil Kaffeefahrten nach Kroatien, um einmal selbst genau dort zu stehen, wo Old Shatterhand beinahe Nscho-tschi Versini vernascht hätte. Echte Liebe überlebt nun mal jede Kugel. So sieht das auch Peter Seidenschwang, der mit drei Ko-Winnetourianern eigens aus München nach Gevelsberg gekommen ist. "Nach Kroatien fahre ich immer wieder. Ist einfach klasse, wenn man da unten Leute trifft, die auch auf den Spuren von Karl May sind."

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