Sprockhövel Der Platz, der Haßlinghausen prägte

Haßlinghausen. · Viel macht er auf den ersten Blick nicht her, der Glashüttenplatz in Haßlinghausen. Es handelt sich bei dem großzügigen Gelände eher um „Ein verborgenes Juwel der Industriegeschichte“, wie eine Informationstafel auf dem Platz aussagt.

 Erich Bühren vom Heimat- und Geschichtsverein referierte zur Bedeutung der Glashütte.

Erich Bühren vom Heimat- und Geschichtsverein referierte zur Bedeutung der Glashütte.

Foto: Sprockhövel Glashüttenplatz

Und die wurde vor wenigen Tagen unter anderem im Beisein von Bürgermeister Ulli Winkelmann, der Stadtarchivarin Karin Hockamp und Gerhard Koch, dem 2. Vorsitzenden des Heimat- und Geschichtsvereins durch einen Zusatz erweitert. Der soll nicht nur die Haßlinghauser, sondern alle Sprockhöveler und ihre Gäste an die Bedeutung des einstigen Dreh- und Angelpunktes im Haßlinghauser Leben erinnern. Die Schilderweiterung wurde gesponsert von den Lions Herbede-Sprockhövel, Werbedesign Siska und der BHS Edelstahl GmbH.

Hier wurden die Flaschen für
4711 Kölnisch Wasser produziert

Wie der Name vermuten lässt, war der Sprockhöveler Ortsteil Standort des größten Haßlinghauser Arbeitgebers, der Glashütte, die 1891 von dem Lüdenscheider Kaufmann Julius Kugel gegründet wurde und 73 Jahr lang Glaskolben, Biergläser, hitzebeständige Gläser und die charakteristischen türkis-goldenen Parfümflaschen für den Kölner Duftwasser-Hersteller 4711 produzierten. „4711 war der größte Kunde der Haßlinghauser Glashütte“, berichtet Erich Bühren, Mitglied des Heimat- und Geschichtsvereins und einer der Initiatoren der Erinnerung an die Bedeutung dieses Industriezweiges in Sprockhövel. In der Heimatstube in der Hauptstraße des HGV in Niedersprockhövel findet man neben vielen anderen Kostbarkeiten aus vergangenen Tagen in den Vitrinen noch Exponate Haßlinghauser Glasbläserkunst.

1964 war die Produktion
nicht mehr rentabel

Der letzte Besitzer der Glashütte war Bodo Steph, der das Unternehmen 1961 von seinem verstorbenen Vater Wilhelm übernommen hatte. Die Unternehmerfamilie lebte auf der anderen Straßenseite weiter unterhalb in einer Villa mit einem dazugehörigen Park. Doch als 1964 die Produktion als nicht mehr rentabel eingestellt wurde, weil viele Behälter nun aus bruchsicherem Plastik hergestellt wurden und auch das halbmechanische Produktionssystem nicht mehr zeitgemäß war, da wurde das Domizil der Stephs zu einem Restaurant und Hotel umgebaut, und der Park musste einer Wohnsiedlung weichen.

 „Das Ende der Glashütten-Ära war für die dort Beschäftigten ein harter Schlag“, heißt es in den Aufzeichnungen, und dass viele Glasbläser und Glasfacharbeiter zusammen mit ihren Familien andere Arbeit in neuen Bereichen und ein neues Zuhause woanders suchen mussten.

Die Geschichte des Glashüttenplatzes begann schon vor 1891, als dort nämlich von 1855 bis 1875 die Eisenhütte Haßlinghausen in Betrieb war, und dort war auch der Standort der alten Brikettfabrik, die von 1910 bis 1924 produzierte und nebenan auch die Kokerei der Zeche Deutschland. Bereits in der dritten Generation arbeitet heute noch die Firma Isola-Mineral-Wolle-Werke auf dem Glashüttenplatz. „Deren Bürogebäude steht bis heute auf den Grundmauern der Brikettfabrik“, erzählt Erich Bühren in seiner Ausarbeitung über die Geschichte des Platzes, der von den Haßlinghausern zu den verschiedensten Zwecken genutzt wurde.

So verkündet die Informationstafel, dass hier der Marktplatz des Sprockhöveler Ortsteils war, dass die Zirkusse dort gastierten und bei den Kirmesveranstaltungen die Schausteller dort ihre Buden aufbauten. Bis in die 1960er Jahre traf man sich dort zum 1. Mai, und nach den Kundgebungen ging es mit der Kapelle des Löschzugs Haßlinghausen bis zur Gaststätte Julius Müggenburg.

Die Erinnerung an den für die Entwicklung Haßlinghausens und Sprockhövels wichtigen Glashüttenplatz wird unter anderem auch von Jürgen Nath aufrechterhalten, der den Platz bei seinen Stadtrundfahrten regelmäßig ansteuert.

Dass der von der Mittelstraße aus zu erreichende Glashüttenplatz äußerlich eher unscheinbar wirkt, ist allen Heimatfreunden klar: „Aber ich glaube nicht, dass die Stadt Sprockhövel in den nächsten Jahren Mittel zur Verfügung hat, um den Platz attraktiver zu gestalten“, so Gerhard Koch, der 2. Vorsitzende des Heimat- und Bürgervereins.

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