Ausstellung: Glasbläser, Helden der Region

„Von Glut zum Glase“ ist im Atelier Unterieser zu sehen.

Haßlinghausen. Von Glut zum Glase und von Haßlinghausen nach Köln. Was im Atelier des Glaskünstlers Udo Unterieser derzeit zu sehen ist, erweist sich als ein starkes Stück Lokalgeschichte, dem ungeahnte Dimensionen innewohnen. Möglich wurde die am Mittwoch eröffnete Ausstellung im Rahmen der Local-Heroes-Woche als Beitrag zu "Ruhr 2010".

Local Heroes, Helden der Region, waren die Glasbläser, deren Handwerk durch die reichen Kohlevorkommen Sprockhövels begünstigt wurde. Zwecks Heldenehrung warf Stadtarchivarin Karin Hockamp einen Blick zurück auf 190 Glasmacher-Jahre in Haßlinghausen, die mit zaghaften Versuchen begannen.

1820 hatte der Schulmeister Heinrich Stiepel eine Glashütte eröffnet, doch wurde sein Bemühen durch Preußens Bürokratie torpediert. Es sollte 71 Jahre dauern, bis Julius Kugel die aufgegebene Haßlinghauser Hütte ihrem Dornröschenschlaf entriss. Was die Konkurrenz als "kleine Quetsche" bezeichnete, erfuhr unter Kugels Nachfolger Karl Becker Aufschwung. Immerhin 95 Arbeiter fertigten um die Wende zum 20. Jahrhundert Trinkgläser und Schalen für den lokalen und angrenzenden Markt.

Hinaus in die Welt ging es in den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, als Haßlinghauser Glasbläser die Flaschen für Kölnisch Wasser herzustellen begannen. Damit wurde der Handwerkszweig zur echten Heldentat, erhielt Haßlinghausen einige stattliche Bauten, an denen sich bis heute der aufkeimende Wohlstand ablesen lässt.

Randerscheinung war indessen, dass mit den Glasbläsern ein Lebensstil einkehrte, der den Alteingesessenen fremd und anrüchig erschien. Die fahrenden Handwerker galten den frommen Bürgern als "Zigeuner", ihre Tradition der Urnenbestattung als höchst verwerflich.

Schriftdokumente und Glasgegenstände bezeugen Aufstieg und Niedergang der Glashütte Haßlinghausen, in der einst bis zu 150 Beschäftigte arbeiteten. 1964 schloss die Firma ihre Pforten, zurück blieb nur der Name Glashüttenplatz - und der Künstler Udo Unterieser.

Am heutigen Freitag um 15 Uhr treffen sich in seinem Atelier ehemalige Beschäftigte der Glashütte zum Erzählcafé.

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