Interview Amtstierärztin Bettina Buck: „Man sieht in diesem Beruf viel Elend“

EN-Kreis · Die 39-Jährige hat die Leitung des Veterinär- und Lebensmittelsamts übernommen.

 Nicht nur die klassischen Haus- und Nutztiere fallen in die Zuständigkeit des Veterinäramts: Hier stattet Bettina Buck Wasserbüffeln im Kreisgebiet einen Besuch ab. 

Nicht nur die klassischen Haus- und Nutztiere fallen in die Zuständigkeit des Veterinäramts: Hier stattet Bettina Buck Wasserbüffeln im Kreisgebiet einen Besuch ab. 

Foto: Ennepe-Ruhr-Kreis

Die Tierärztin Dr. Bettina Buck arbeitet seit 2014 im Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt des Ennepe-Ruhr-Kreises, zum 1. Dezember übernimmt sie die Leitung. Im Interview spricht die 39-jährige Hattingerin über ihre Leidenschaft für den Tierschutz, Bilder und Gerüche, die man nie wieder vergisst – und ein Haustier namens Caspar.

Frau Dr. Buck, warum sind Sie Amtstierärztin geworden?

Buck: Aus Tierliebe! Als Grundschülerin habe ich angefangen zu reiten. Da stand für mich schon fest, dass ich mit Tieren arbeiten will – und eigentlich gab es nie eine Alternative. Als Amtstierärztin habe ich zwar nicht täglich Kontakt. Aber in Sachen Tierschutz und Seuchenschutz kämpfen wir in der ersten Reihe. Und das gilt auch für den Verbraucherschutz. Man kann wirklich etwas bewirken. Das ist sehr erfüllend.

Wie sieht ein besonders erfüllter Arbeitstag aus?

Buck: Wenn mich meine Kinder fragen: „Mama, was hast du heute gemacht?“ und ich kann antworten: „Wir haben ein schädliches Lebensmittel aus dem Verkehr gezogen“ oder „Wir haben einen verwahrlosten Hund gerettet“, dann ist das ein sehr gutes Gefühl. Man sieht in diesem Beruf viel Elend, auch bewegende menschliche Schicksale. Aber die Erfolge entschädigen für alles.

Gibt es Erlebnisse, von denen Sie sicher sind, sie nie zu vergessen?

Buck: Ja, davon gibt es einige. Vor allem ein Einsatz hing uns sehr nach: Ein Vermieter meldete den Verdacht, dass sein Mieter mehrere Hunde unversorgt gelassen haben könnte. Durch das Fenster sahen wir schon eine große Blutlache. Wir fanden drei völlig unterernährte Hunde, sie sahen erbärmlich aus. Einer hatte den anderen beim Kampf um das letzte Futter in den Hals gebissen, daher das Blut. Wir kamen gerade noch rechtzeitig. Eine Stunde später wäre er tot gewesen.

War das ein Einzelfall?

Buck: Derart schlimme Dinge sieht man immer wieder. Einmal haben wir zwölf Pferde befreit, die waren bis aufs Gerippe abgemagert. Eine Ziege und zwei Schafe desselben Halters haben wir tot aufgefunden. In einem anderen Fall hat die Kripo uns in eine Messi-Wohnung gerufen, wir sollten eine verwahrloste Katze mitnehmen. In der Wohnung lagen mehrere Knochen verstreut. Das waren die Überreste einer zweiten Katze. Solche Bilder brennen sich ein – und auch den furchtbaren Geruch vergisst man nicht mehr.

Haben die Tierschutzfälle zugenommen?

Buck: Ja, das Thema Tierschutz hat in den vergangenen Jahren deutlich angezogen. Im Schnitt gehen bei uns inzwischen täglich zwei Tierschutzanzeigen ein, denen wir nachgehen.

Woran liegt das?

Buck: Viele Fälle hängen mit Gesellschaftskrankheiten zusammen. Wer in eine tiefe Depression verfällt, dem kann der Antrieb fehlen, sich um sich selbst und seine Tiere zu kümmern. Und bei manchen Haltern verschlechtern sich die wirtschaftlichen Verhältnisse derart, dass ihnen die finanziellen Mittel fehlen, um ihre Tiere zu versorgen. 

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