Alte Kochkunst frisch serviert

Saisonale Köstlichkeiten auf den Spuren der berühmten Kochbuchautorin Henriette Davidis.

Herzkamp. Unbekannte Würze steigt in die Nase, sobald man die Küche des Landgasthofs „Auf dem Brink“ an der Elberfelder Straße betritt. Dort haben sich 14 Teilnehmer auf kulinarische Spurensuche begeben und kochen jetzt saisonale Rezepte à la Henriette Davidis nach. „Wir möchten herbstliches Obst und Gemüse ins Glas bringen. Heute geht es grob gesagt ums Einmachen“, sagt Food-Journalistin Ira Schneider, Initiatorin der heutigen Kochkurs-Zeitreise.

Olaf Altenhain, Inhaber und Küchenchef des Landgasthofs, hat schon am Nachmittag den Betrieb geschlossen, um am Abend in Kochbuchzeilen aus dem 19. Jahrhundert zu stöbern. Es warten ein Apfelweingelee, ein Apfelstrudel, eine Karamellcreme, Quittenmus und Birnen-Gewürz-Chutney auf ihre Zubereitung. „Wir möchten heute Zubereitungsarten und Küchentechniken nachgehen, die es damals schon gab und die noch heute zeitgemäß sind“, erklärt Ira Schneider, Mitglied der Slow Food-Bewegung. Und dazu könne man am besten Deutschlands berühmtester Kochbuchautorin sprichwörtlich über die Schultern schauen: Henriette Davidis. „Sie ist in ihren Anleitungen ausgeklügelt und raffiniert“, schwärmt Schneider.

Aber auch die übrigen Teilnehmer finden schnell Gefallen an der Schlichtheit der traditionellen Kochrezepte. So werden die Quitten aus der Region wie Pellkartoffeln in einen Kochtopf geworfen: „Durch die Schale bleiben die Geschmacksstoffe erhalten. Außerdem sind sie später leicht zu schälen“, erklärt Koch und Slow-Food-Förderer Olaf Altenhain und verspricht: „Für die Karamellcreme lässt man jeden anderen Brotaufstrich stehen.“ Die Zutaten für das süße Versprechen sind ebenso knapp wie einfach: „Absolut frische Kuhmilch vom Landbauern und Zucker“, betont Altenhain.

Würzig-süße Duftnoten locken derweil an eine andere Küchenzeile. Auf einer heißen Herdplatte zieht das Birnen-Gewürz-Chutney, eine Komposition aus Kochbirnen, Zwiebeln, Essig, Zucker, Zimt, Pfeffer, gemahlenen Nelken, Lorbeerblättern und Salz. „Hmm, das riecht toll“, sagt Teilnehmerin Andrea Matthäus begeistert und verrät: „Ich fand das ganz spannend, mal nach Rezepten aus dem 19. Jahrhundert zu kochen.“

Aber auch die Kunst des Einmachens sowie die praktischen Ideen der Ratgeberin Davidis lockten viele in die frühherbstliche Geruchsküche. „Henriette Davidis war immer up to date“, bemerkte Altenhain.

Natürlich durfte da der Spagat zwischen Altem und Neuem nicht fehlen, den Chemiker Oliver Herd mit der molekularen Küchentechnik auf den Teller brachte. Bei minus 196 Grad wurden dort Minze und Himbeeren schockgefroren, die in Form von Eiskristallen ihre Aromastoffe erst durch den warmen Speichel im Mund wieder freigaben. Da staunte Moritz Rompf, jüngster Teilnehmer des Kochkurses, nicht schlecht: „Das habe ich noch nie erlebt“, signalisierten ihm seine Geschmacksknospen.

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