SPD will Untersuchungsausschuss zu Missbrauchsskandal Fall Lügde: „Innenminister ist überfordert“

Düsseldorf · SPD-Fraktionschef Thomas Kutschaty fordert U-Ausschuss und attackiert den für die Polizei zuständigen Minister Herbert Reul (CDU).

 Der Campingplatz Eichwald bei Lügde, wo sich die schrecklichen Ereignisse abspielten. Foto:dpa

Der Campingplatz Eichwald bei Lügde, wo sich die schrecklichen Ereignisse abspielten. Foto:dpa

Foto: dpa/Guido Kirchner

Es ist ein von vielen für überfällig gehaltener Schritt, den  Thomas Kutschaty, SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz ankündigt. Und er würzt diese Ankündigung mit heftigen Attacken gegen Herbert Reul (CDU). Der Innenminister ist nämlich eine der Hauptzielscheiben bei dem Antrag der größten Oppositionsfraktion, einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Missbrauchsskandal auf dem Campingplatz in Lügde einzusetzen. Der Fall müsse Konsequenzen haben, das sei man den Menschen und insbesondere den Opfern dieser grausamen Straftaten schuldig, sagt Kutschaty.

Auf dem Campingpatz in Lügde soll ein 56-jähriger arbeitsloser Dauercamper mit einem Komplizen über Jahre hinweg mehr als 40 Kinder missbraucht und dabei gefilmt haben. Inzwischen liegen die Anklagen vor, mit einer Zulassung durch das Landgericht Detmold (als Voraussetzung für den Beginn einer Hauptverhandlung) wird in den nächsten Tagen gerechnet.

„Innenminister Reul ist mit der Aufarbeitung des Falls Lügde erkennbar überfordert“, sagt Kutschaty. Statt die Fragen des Parlaments und der Abgeordneten zu beantworten, sei Reul mit seiner Selbstverteidigung beschäftigt. Man könne ihm die Aufarbeitung nicht länger überlassen.

So sei unklar, warum das Innenministerium nach dem ersten Bericht vom Januar drei Wochen gebraucht habe, um die Dimension des Falles zu erkennen und die notwendigen Konsequenzen daraus zu ziehen. Im Februar habe Reul im Landtag versprochen, jeden Stein auf dem Campingplatz umzudrehen, notfalls auch jeden Stein zu röntgen, erinnert Kutschaty an ein vollmundiges Versprechen. Dann aber habe Reul Anfang Mai in der „Süddeutschen Zeitung“ gesagt, dass dies nicht seine eigenen Worte gewesen seien, das habe man ihm in die Rede reingeschrieben. „Schuld bei Herbert Reul sind immer die anderen, sogar für seine eigenen Worte“, sagt Kutschaty nun. Diese Art der Fehlerkultur lasse nicht erwarten, dass Reul in der Lage sei, einen der größten Polizeiskandale des Landes wirklich aufzuklären.

Und dann kommt der SPD-Mann auch noch auf Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) zu sprechen, gibt wieder, was dieser auf dem Parteitag der CDU Anfang Mai gesagt hatte. Dass Herbert Reul der beste Innenminister seit 50 Jahren in NRW sei. „Und das von einem Ministerpräsidenten“, so sagt Kutschaty, „der es bis heute nicht geschafft hat, ein Wort an die Opfer dieses grausamen Verbrechens zu richten“. Auch diese Prioritätensetzung werde der Untersuchungsausschuss aufzuklären haben.

Sobald die Anklagen zugelassen werden, werde man im Parlament auch die Einsetzung des Untersuchungsausschusses beantragen, der den „Polizei- und Politskandal in Lügde aufklären soll“.  In dieser Ankündigung von Kutschaty liegen freilich zwei Einschränkungen. Eine zeitliche und eine inhaltliche.

SPD setzt eine zeitliche und eine inhaltliche Bedingung

Dass der Antrag erst nach Zulassung der Anklage erfolgen soll, erklärt er damit, dass Staatsanwaltschaft und Landtag nicht parallel ermitteln sollen. Die Grünen hatten schon vor der SPD einen Unterschungsausschuss verlangt, allerdings auch erst nach Abschluss der staatsanwaltlichen Ermittlungen. Einzig die AfD will bereits in dieser Woche einen Ausschuss beantragen, kann aber dabei aus den genannten Gründen nicht auf die Zustimmung von SPD und Grünen rechnen.

Eine weitere Einschränkung im Antrag der SPD ist inhaltlicher Art. Da der Ausschuss den „Polizei- und Politskandal“ aufarbeiten soll, bezieht er sich nach Vorstellung der SPD nicht auf die Versäumnisse der Jugendämter in dem Fall. Kutschaty will beide Bereiche trennen. Er begründet dies damit, dass kein Opfer dieser Taten in die Öffentlichkeit gezerrt  und als Zeuge vor den Ausschuss geladen werden solle. Die Konsequenzen aus den behördlichen Versäumnissen sollten durch eine noch einzurichtende Kinderschutzkommission aufgearbeitet werden.

Ob die Grünen dieses beschränkte Untersuchungsziel mittragen, ist offen. Deren innenpolitische Sprecherin Verena Schäffer hatte kürzlich im Zusammenhang mit dem auch von ihr angestrebten Ausschuss gesagt, „die Fehler von Polizei und Jugendämtern müssen schonungslos aufgeklärt werden“. Auch strukturelle Probleme müssten analysiert und behoben werden.

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