Gesundheitsminister in der Handwerkskammer Jens Spahn und das große Ganze

Düsseldorf · Der Minister beim Gesundheitshandwerk: zwei Welten, die nicht recht zueinander finden.

 Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU).

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Man fragt sich bei Bundesgesundheitsminister Jens Spahn immer mal wieder, was er diesmal für einen Überraschungseffekt mit im Gepäck hat. Aber in der Handwerkskammer Düsseldorf war es eher die Routine desjenigen, der durch das öffentliche Stahlbad der Bewerbung um den CDU-Vorsitz gegangen ist. Da ist man vielleicht in Detailfragen der Orthopädie- und Zahntechnik, der Augenoptiker- und Hörakustikerbranche nicht ganz so zu Hause, weiß dafür aber in allen Lebenslagen Haltung und Gesicht zu wahren. Spahns häufigster Satz bei seinem Gastspiel in der Landeshauptstadt: „Das nehme ich jetzt mal mit.“

Dabei hatte Kammerpräsident Andreas Ehlert in seiner Begrüßung sehr konkret die Sorgen des Gesundheitshandwerks beschrieben: dass seine kleinen Betriebe gegenüber den Ärzten, Pharmafirmen und Krankenkassen im Gesundheitswesen untergehen - auch wenn es bundesweit 25 500 Betriebe mit mehr als 200 000 Beschäftigten und rund 16 Milliarden Euro Umsatz gibt. Die konkreten Klagen des Handwerks: zu hoher bürokratischer Aufwand; zu viele Beschränkungen eines fairen Wettbewerbs; ein Hintanstehen des Handwerks bei der Digitalisierung, vor allem beim Zugriff auf die elektronische Patientenakte.

Spahn lässt das Rednerpult und das Mikrofon hinter sich, spricht frei und laut in den überfüllten und überhitzten Saal hinein und wird erst einmal „grundsätzlich“, was in diesem Fall meint: Er spult erst einmal das ab, was er vermutlich immer zu solchen Anlässen abspult. Dass die Politik Vertrauen zurückgewinnen muss. Dass das nur über bessere Debatten führt, in denen man auch mal aushält, „wenn andere anderer Meinung sind“. Dass am Ende aber Entscheidungen stehen müssen, die konkret im Alltag „Dinge besser machen“. Und dass drittens auch Diskussionen geführt werden müssen, die über die Alltagsprobleme hinausragen.

Damit liegt man nie falsch, auch nicht bei den Hörgeräteakustikern. Wenn Spahn dann noch einen Satz fallen lässt der Art: „Die Abifixierung in diesem Land geht mir zunehmend auf den Senkel“, hat er den ersten Applaus sicher in der Tasche.

In den Detailfragen wird es mit der Zustimmung schon etwas hakeliger. Was ist mit den Begehungen der Betriebe zur Präqualifizierung, die von vielen als völlig übertriebene Gängelung empfunden werden? Was ist mit den Zahnärzten, die den Zahntechnikern zunehmend mit eigenen Laboren ins Handwerk pfuschen? Was passiert, wenn die Möglichkeiten der Telemedizin am Gesundheitshandwerk vorbeigehen?

Bei den Begehungen lässt der Minister nicht viel Verständnis erkennen. Bei der Digitalisierung wirbt er für Geduld. Es sei ja schon schwierig genug, erst einmal die bundesweit 140 000 Arztpraxen einzubinden. Dann seien noch die Krankenkassen und Apotheken dran. „Aber auch das Gesundheitshandwerk wird nicht vergessen“, verspricht er den Anwesenden. Um dann wieder zu den größeren Fragen zu lenken: „Wie verändert das Digitale Ihre Berufsbilder?“

Die kleinen Sorgen des Orthopädieschuhmacher-Meisters und der Blick des Bundesgesundheitsministers fürs große Ganze, sie finden an diesem Abend in Düsseldorf nur bedingt zusammen. Aber immerhin: Von den Ausschreibungen für Hilfsmittel, die viele der Betriebe als ruinös und wettbewerbsverzerrend empfunden haben, nimmt der Gesetzgeber Anfang Mai wieder Abstand. Und ansonsten gilt: „Das nehme ich sehr gerne noch mal mit.“

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