Schafe pflegen Naturschutzgebiet in Haan Seltene Waldschafe bewohnen und pflegen die Grube 7 in Gruiten

Haan. · Souris Reiter und Lukas Koch züchten die vom Aussterben bedrohte Rasse der Waldschafe. Derzeit weiden die Tiere im von der AGNU betreuten ehemaligen Kalksteinbruch – eine Win-Win-Situation. Wie ihre Hunde und Pferde setzt Souris Reiter Schafe zudem zur Therapie von Kindern und Jugendlichen ein.

 Waldschafe als Landschaftspfleger im Naturschutzgebiet Grube 7 in Gruiten: Souris Reiter will die alte Rasse am Leben erhalten.

Waldschafe als Landschaftspfleger im Naturschutzgebiet Grube 7 in Gruiten: Souris Reiter will die alte Rasse am Leben erhalten.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Besonders gut kommt „Radi“ bei den Kindern und Jugendlichen an. Der Schafsbock ist zahm, folgt einem wie ein Hund und kann sogar kleine Kunststücke: „Er springt sogar über einen kleinen Stock“, erklärt Besitzerin Souris Reiter. Die 33-Jährige und ihr Lebensgefährte Lukas Koch (30) bewirtschaften einen Hof in Gruiten und haben sich einer ganz besonderen Sache verschrieben. Sie züchten eine vom Aussterben bedrohte Schafsrasse: Waldschafe. Wie ihre anderen Tiere auch setzt Souris Reiter auch ihre Schafe bei Kindern und Jugendlichen therapeutisch ein. Einige der Tiere weiden derzeit in der Grube 7, dem ehemaligen Kalksteinbruch.

Die Natur wird dort nun statt mit Maschinen von den Schafen gepflegt und von überschüssigem Wildwuchs befreit, die junge Familie spart Futterkosten, und die genügsame Landschafrasse kommt mit dem Futterangebot des Steinbruchs gut zurecht. „Es handelt sich um artenreiche Magerstandorte, mit denen die Waldschafe deutlich besser zurecht kommen als Leistungs- oder Fleischrassen“, erklärt Souris Reiter. Auch fänden sie dort ein etwas breiteres Futterspektrum. „Ab und zu habe ich mal eine gute Idee“, gibt sich Hans-Joachim Friebe, sehr umtriebiges Mitglieder der Agnu (Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt) Haan, die das Naturschutzgebiet betreut, bescheiden, als er beschreibt, wie es zu der Zusammenarbeit kam. „Das ist eine absolute Win-Win-Situation.“

Knapp 40 Schafe hat die Familie Reiter/ Koch insgesamt, Waldschafe, Heidschnucken und Mischlinge, alle erkennen sie an ihrer Kopfzeichnung, an ihrer Größe und mit Namen. Mit Spannung erwartet sie Anfang kommenden Jahres die Lämmer von 24 Muttertieren. Immer abwechselnd werden die meisten Tiere mit einem der Hunde der Familie zum Steinbruch getrieben. Dort grasen sie eine umzäunte Fläche auf einem insgesamt zehn Hektar großen Gelände ab, die einmal pro Woche verlegt wird. Im Moment sind es die dunklen Lämmer aus dem Jahr 2020, die in der Grube 7 stehen. Die Plätze sucht die Agnu bewusst aus, besonders artenreiche Flächen werden nicht von den Schafen besucht.

Souris Reiter ist Sozialpädagogin und tiergestützte Pädagogin

„Natürlich ist das auch alles mit der Unteren Landschaftsbehörde besprochen, die das befürwortet“, erklärt Hans-Joachim Friebe. Schutz finden die Tiere unter Bäumen und Hecken, Wasser trinken sie aus Eimern, Mineralfutter erhalten sie von Souris Reiter und Lukas Koch, auf die sie zutraulich zulaufen.

Mit Tieren und auch mit Kindern und Jugendlichen kennt sich Sozialpädagogin und tiergestützte Pädagogin Souris Reiter bestens aus. Die Mutter einer kleinen Tochter besitzt mehrere Hunde, Pferde, Hühner und seit 2013 die Schafe, die ebenfalls eine Rolle für therapeutische Zwecke spielen. „Tiere urteilen nicht, und sie sind immer authentisch“, erklärt Souris Reiter ihren Ansatz. „Sie spiegeln, was sie bei uns Menschen vorfinden und nehmen jeden so, wie er ist.“

Für Kinder und Jugendliche, die sie therapeutisch betreut, seien die Tiere eine wunderbare Möglichkeit, Ängste abzubauen und auch, Gefühle zuzulassen. „Körperkontakt ist immens wichtig, gilt aber nicht immer als cool und ist in Corona-Zeiten ja auch schwierig“, erklärt die junge Frau. „Einen Hund zu streicheln, gilt aber nicht als uncool – und es ist auch in Pandemie-Zeiten möglich.“ Schafe seien von ihrem Wesen her für Kinder außerdem besonders ansprechend, viele hätten zudem noch nie zutrauliche Schafe gesehen, geschweige denn gestreichelt.

Rein wirtschaftlich betrachtet, ist die Rasse der Waldschafe eher eine schwierige, da die Schafe nicht so groß und schwer werden und daher nicht so viel Fleisch liefern.

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