Das neue Exponat ist in der Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“ ab Sonntag, 11. Oktober, zu sehen Deutsches Textilmuseum kauft seltenes Opernkostüm aus China

Linn · Das neue Exponat ist in der Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“ ab Sonntag, 11. Oktober, zu sehen

 Museumsleiterin Annette Schieck und Kurator Walter Bruno Brix stellen die Neuerwerbung, ein chinesisches Opernkostüm für die Ausstellung "Drachen aus goldenen Fäden", vor.  Foto: Stadt Krefeld

Museumsleiterin Annette Schieck und Kurator Walter Bruno Brix stellen die Neuerwerbung, ein chinesisches Opernkostüm für die Ausstellung "Drachen aus goldenen Fäden", vor. Foto: Stadt Krefeld

Foto: Stadt Krefeld/Dirk Jochmann

Dramatischer kann eine Liebesgeschichte wohl kaum verlaufen: Mätresse des Kaisers, Luxusleben am Hof, Flucht, am Straßenrand von Soldaten erhängt, Thronverlust des Kaisers und ein romantisches Wiedersehen nach dem Tod – Yang Guifei muss eine beeindruckende Frau gewesen sein.

Als höchste Konkubine lebte sie im achten Jahrhundert tatsächlich am Hof von Kaiser Xuanzongs und zählt zu den „Vier Schönheiten“ des alten China. Über die Jahrhunderte knüpften aber manche Legenden an ihre Biografie an, und diese wurde zu einem populären Stoff für Erzählungen und Opern. Ein sehr seltenes Kostüm, das ihre Rolle in der chinesischen Oper verkörpert, konnte nun das Deutsche Textilmuseum Krefeld erwerben.

Vergleichbare Stücke gibt es nur noch in New York

„Es ist das erste, das ich so gesehen habe“, schwärmt Walter Bruno Brix. Ein vergleichbares Stück kenne er nur noch aus der Sammlung des New Yorker Metropolitan Museum. Der weltweit agierende Asien-Experte kuratiert die kommende Ausstellung „Drachen aus goldenen Fäden“ im Deutschen Textilmuseum, in der auch die Neuerwerbung gezeigt wird, heißt es in einer Mitteilung der Stadt.

Brix konnte das Kostüm von einem rheinischen Privatsammler an das Krefelder Museum vermitteln. Den Ankauf ermöglichten die Spender Emilie Wefers, Barbara Esser und Wolfgang Horn sowie Gelder aus der Spendenbox im Museum. „Das Gewand hat einen höheren dreistelligen Betrag gekostet“, berichtet Museumsleiterin Annette Schieck. Dem Privatsammler sei es wichtig gewesen, dass das seltene Objekt aus dem Jahr 1900 der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Dieser habe es in Hongkong gekauft. Ob es auch von dort stammt oder aus Süd-China, sei schwierig einzuschätzen, erklärt Brix.

Derartige Roben trugen Konkubinen wie Yang Guifei oder Prinzessinnen vom fünften Rang einer neunstufigen Hierarchie am kaiserlichen Hof. Es handelt sich nicht um ein formelles, sondern um ein Tanzgewand. Unter anderem passt es zu einer Opernszene, in der Yang Guifei auf den Kaiser wartet. Doch er kommt nicht. Dann beginnt sie wild zu tanzen und zu trinken – nicht gerade typisch für eine Frau am Hof. „Die Robe besitzt fantastische Stickereien“, schwärmt Brix. Hierbei fallen vor allem zwei mythologische Feng-Huang-Vögel auf, die stets als Pärchen auf solchen Arbeiten auftreten. Sie sind ein Glückssymbol in der chinesischen Kultur, und sie schützen den südlichen Teil des Kaiser-Palastes. Feng bezeichnet die männlichen, Huang die weiblichen Tiere.

Auch die Verwendung von „Schwarz“ sei sehr selten und auffällig an diesem Kostüm, das aus mehreren Lagen Seide auf einer Baumwollbasis hergestellt wurde, so der Kurator. Bei den Stickereien vermutet er auch die Verwendung von chemischen Farben, die zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch sehr teuer waren. Über das Gewand verteilt sind Pailletten, die Licht reflektieren und bei Aufführungen einen glänzenden Effekt erzielten.

Nachweislich wurden schon 5000 Jahre vor Christus Opern in China gespielt. Bei den Inszenierungen verzichten Regisseure auf umfangreiche Kulissen, Requisiten und Hintergrundbilder setzen sie spärlich ein. „Man erkennt am Kostüm, mit wem man es zu tun hat“, erklärt Brix. Das Publikum kannte die unterschiedliche Bedeutung der Kostüme und ordnete – wie im Fall des Krefelder Gewandes – dieses dann einer Konkubine oder Prinzessin zu. Diese Frauenrollen verkörperten noch bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts in China übrigens Männer.

Das seltene Kostüm ist ein Glücksfall für den Museumsbestand: Der ostasiatische Bereich umfasst etwa 2000 Einheiten, davon 1500 japanische und 500 chinesische Objekte – plus die neue Opernrobe. „Die Sammlung wird damit sehr gut ergänzt“, sagt Brix. Zumal er bei seinen jüngsten Forschungen herausgefunden hat, dass zwei als chinesische Theaterkostüme zugeordnete Kleider eine andere Funktion erfüllten, unter anderem in einem Tempel getragen wurden. Damit hätte das Museum nur noch über ein Männerkostüm eines Studenten und ein Kostüm-Fragment verfügt.

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