Scharfe Kritik zu Tihange/Doel-Gutachten

Stuttgart/Berlin (dpa) - Eine Einschätzung von Atomexperten zu den umstrittenen belgischen Atomkraftwerken Tihange 2 und Doel 3 stößt in Baden-Württemberg auf heftige Kritik. Gerrit Niehaus, der im Umweltministerium des Landes die Abteilung Kernenergieüberwachung leitet, forderte den Leiter der Reaktorsicherheitskommission (RSK) zu einer Richtigstellung und Einordnung auf.

Scharfe Kritik zu Tihange/Doel-Gutachten
Foto: dpa

Das Schreiben liegt der Deutschen Presse-Agentur vor, zuerst hatte der WDR darüber berichtet.

Die belgischen Atommeiler Tihange 2 und Doel 3 machen seit Jahren wegen feiner Risse in den Druckbehältern der Reaktoren Schlagzeilen. Die RSK, die die Bundesregierung berät, erklärte es in ihrem Bericht für „plausibel“, dass die Risse bei der Herstellung entstanden seien. Es sei nicht erkennbar, dass die Risse durch den Betrieb der Reaktoren zugenommen hätten. Für den Fall von erhöhtem Innendruck gebe es „ausreichende Reserven“ gegen einen Kollaps.

Niehaus wirft dem RSK-Vorsitzenden Rudolf Wieland unter anderem Mängel in der Stellungnahme vor, die einen „rein ingenieurtechnischen Ansatz“ verfolge. „Dass das Vorgehen der belgischen Behörde plausibel ist, wie ihr die RSK bescheinigt, und sich die Zahl der offenen Punkte reduziert habe, genügt nicht, die betroffenen Kernkraftwerke als hinreichend sicher einzustufen.“

Wenn die Risse bei der Herstellung entstanden seien, stelle sich die Frage der Genehmigung. Das sei übersehen worden, schrieb Niehaus. Die Genehmigung sehe den Einbau „eines qualitätsgesicherten nicht rissbehafteten“ Reaktordruckbehälters vor. „Von einem hochrangigen Expertengremium, das nach seinem Selbstverständnis das Bundesumweltministerium nach dem Stand von Wissenschaft und Technik zur Schadens- und Risikovorsorge berät, ist mehr zu erwarten, als eine ingenieurtechnische Abarbeitung vorgelegter Untersuchungen“, heißt es in dem Schreiben.

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