SChach Großmeister kommt nach Düsseldorf

Der DSK hat Andre Volotikin in seinen Kader für die laufende Saison aufgenommen. Nach seiner Flucht muss der Ukrainer gerade aber noch pausieren.

 Volokitin (r.) im Duell mit dem türkischen Großmeister Can.

Volokitin (r.) im Duell mit dem türkischen Großmeister Can.

Foto: RP/Luka Rifelj

Aus Lwiw (zu deutsch: Lemberg) kommt ein bemerkenswertes Schachtalent. Andre Volotikin wurde in der Stadt der Westukraine geboren. Von der rund 700 000 Einwohnern zählenden Stadt, der siebtgrößten in der Ukraine, hat es den 36-Jährigen nun nach Düsseldorf verschlagen. Das ist deshalb ein bemerkenswertes Ereignis, weil Volotikin bereits in jungen Jahren sein herausragendes Talent für den Schachsport bewiesen hat.

Von seiner Großmutter bei Schulanfang zum Schachunterricht angemeldet, wurde der berühmte Schachtrainer Wladimir Grabinski auf sein Talent aufmerksam, das ihn schnell zum Meisterkandidaten werden ließ. Mehrere Jahre lang war Grabinski sein Lehrer.

Die Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Zweimal wurde Andre Volokitin ukrainischer Jugendmeister in der Altersklasse U12. Der Vize-Weltmeister-Titel bei der U12 und der dritte Platz bei der Weltmeisterschaft U14 folgten. Nachdem er hinter Großmeister Alexander Berelowitsch Vizemeister der Ukraine geworden war, wurde er mit 15 Jahren zum Großmeister ernannt und damit zu einem der jüngsten Großmeister aller Zeiten.

Weitere Höhepunkte in seiner Karriere folgten: Ukrainischer Meister 2004, 2015 und 2022; Olympiasieger mit der Ukraine 2004; Europameister mit der Ukraine 2021. Bei der Olympiade 2016 glänzte er mit der besten jemals bei einer Olympiade erspielten Leistung: Mit 8,5 Punkten aus neun Partien. Mit einem Rating von 2992 war er zeitweise der spielstärkste Großmeister in der Welt.

Nun hat der Düsseldorfer Schachklub den Ukrainer als Spitzenspieler für die erste Spielzeit nach dem Aufstieg in die Bundesliga verpflichtet, konnte aber dabei nicht damit rechnen, dass dies wegen des seit dem 24. Februar herrschenden Kriegs in der Ukraine auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen könnte. Volokitin nutzte die noch offenen Grenzen zunächst dazu, seiner Frau und seiner Tochter die Flucht nach Polen zu ermöglichen. Obwohl da noch keine Generalmobilmachung angeordnet war, die ukrainischen Männern zwischen 18 und 60 Jahren die Ausreise verbot, war es für Volokitin keine Frage, erst einmal in seinem Heimatland zu bleiben. Er blieb in Lwiw, um dort irgendwie zu helfen indem er Menschen aus Mariupol, Charkiv und Kiew in seiner Wohnung aufnahm. Die Genehmigung des in der Ukraine für Sport zuständigen Ministers für internationale Meisterschaften ermöglichte ihm später die Ausreise zu den Europameisterschaften in Slowenien. „Ich habe gemerkt, dass ich und die anderen Spieler aus der Ukraine durch unsere der Situation geschuldeten psychologischen Belastung unsere Leistungsfähigkeit nicht abrufen konnten“, erklärt er seine durchwachsene Turnierbilanz.

Die ersten beiden Runden liefen noch gut, doch in Runde drei gegen den türkischen Großmeister Can, gegen den sich Volokitin zwei Fehler leistete, kam dann die Wende. Von Runde vier bis neun gewann er zweimal und holte vier Unentschieden. Mit insgesamt sechs Punkten aus neun Partien hatte der Ukrainer keine Chance mehr auf den EM-Titel.

Erst einmal möchte er nach der EM zu seiner Familie in Polen reisen und dort zur Ruhe kommen: „Ich freue mich darauf, endlich wieder die Schachfiguren in Ruhe in die Hand zu nehmen und meiner Leidenschaft frönen zu können.“

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