„Vesuv von Neuss“: Süffisante Kommentare auf der TV-Couch

Bürgermeister diskutiert bei Maischberger zum Thema „Schluss mit Rauchen, Fleisch und Alkohol — will der Staat uns umerziehen?“

Neuss. Er hätte damit rechnen können, dennoch wagte sich der Neusser Bürgermeister Herbert Napp in die Höhle des Löwen. „Schluss mit Rauchen, Fleisch und Alkohol — will der Staat uns umerziehen?“, lautete die thematische Frage von Sandra Maischbergers ARD-Talkshow, die aus Sicht des Neusser Bürgermeisters eigentlich zielführend provokant und in seinem Sinne gestellt war. Doch schnell dürfte der überzeugte Kettenraucher gemerkt haben, dass er von seinen vermeintlichen Mitstreitern nicht viel Hilfe erwarten durfte.

Der zu Beginn eingeblendete Friedhelm Adolfs — laut Maischberger der bekannteste Raucher Deutschlands, da er wegen seiner Qualmerei aus der Wohnung geklagt wurde — war angesichts des Fernsehteams in seinem Wohnzimmer mit der Situation sichtlich überfordert. Schauspielerin Karin Baal lief erst beim Thema Alkoholsucht zu großer Form auf. Und Bild-Kolumnist Hugo Müller-Vogg wirkte nur am Anfang eloquent, verstrickte sich später aber in Wiederholungen.

Und so musste Herbert Napp, auch als „Vesuv von Neuss“ bekannt, weitgehend allein Partei für den seiner Meinung nach legitimen Konsum eines frei verkäuflichen Genussmittels bei entsprechender Rücksichtnahme auf seine Mitmenschen ergreifen — wenn er denn gedurft hätte. Diese Diskussion sei wie üblich reichlich übertrieben, setzte er an, als Maischberger ihm auch schon das Wort abschnitt, etwas von Wahlkampf und CDU-Bürgermeister erzählte und die Kontrahenten dazu einlud, in aller Ausführlichkeit ihre Gegenpositionen darzulegen.

Herbert Napp, auch bekannt als „Vesuv von Neuss“

Die nutzten ihre Chance konsequent. Helmut Weber vom Nichtraucher-Schutzbund malte ein Horrorszenario nach dem anderen an die Studiowand, sagte, er wolle nicht zwangsberaucht werden, und forderte, den Preis für eine Packung Zigaretten auf 43 Euro zu erhöhen. Rhetorisch etwas sanfter, aber in der Sache nicht unnachgiebiger, weidete Fernsehärztin Marianne Koch die Thematik aus medizinischer Sicht aus. Und auch von Taz-Chefredakteurin Ines Pohl, immerhin Ex-Raucherin, erhielt Napp nicht wirklich Rückendeckung.

Nach zehn Minuten schob der Neusser Bürgermeister bereits erkennbar einen ziemlich dicken Hals, und daran änderte sich erst recht nichts, als nach einer halben Stunde, wie so oft in Talkshows, quasi alle durcheinander redeten. Napp beschränkte sich fortan auf einige süffisante Kommentare, leitete mit einem Spruch („Ich will mir nicht morgens schon vorschreiben lassen, was ich mittags essen muss.“) sogar zum dritten und finalen Akt des Abends über, dürfte ansonsten aber nur eines gedacht haben: „Was würde ich jetzt für eine Zigarette geben. . .“

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