Überraschungsfund am Epanchoir

Archäologen stoßen auf originale Bausubstanz. Inschrift ist Dokument der Grundsteinlegung 1809.

Überraschungsfund am Epanchoir
Foto: Marc Ingel

Neuss. Durch eine direkte Wasserstraße vom Rhein über Maas und Schelde zum Seehafen Antwerpen wollte der erfolgsverwöhnte Feldherr Napoleon die Schifffahrt von den holländischen Rheinhäfen fernhalten, um Englands Festlandhandel empfindlich zu stören.

Überraschungsfund am Epanchoir
Foto: Marc Ingel

In Neuss wurde 1809 der Grundstein für das ambitionierte Projekt „Grand Canal du Nord“ gelegt. Die Hautevolée aus Paris kam, um dieses Ereignis zu begießen. Mit dem Grundstein wurden französische Münzen versenkt. Der Nordkanal wurde nie fertiggestellt, er verebbte und diente nur noch als Abwasserlauf. Doch mit dem 200 Jahre alten Wasserbauwerk an der Nordkanalallee/Selikumer Straße sind auch heute noch Überreste aus napoleonischer Zeit zu sehen.

Nordkanal und Obererft sollten an dieser Stelle kreuzen. Das Bauwerk mit dem nicht zu übersetzenden Namen Epanchoir diente dazu, den Wasserstand im Kanal auf gleichem Niveau zu halten und das notwendige Wasser für den Betrieb der Mühlen abzuleiten, unabhängig von Hochwasser oder Trockenheit.

Seit Jahren haben sich die Heimatfreunde für die Restaurierung des Bauwerks eingesetzt. Das städtische Tiefbaumanagement hat schließlich Anfang Mai mit den Vorarbeiten für die Instandsetzung begonnen.

Nach der Finanzierung, die Förderer, Stadt und Sponsoren ermöglichten, ist auch die Restaurierung für alle Beteiligten eine Herausforderung.

Bei den ersten archäologischen Arbeiten kam jetzt eine schöne Überraschung zum Vorschein: Nachdem die vier Böschungskegel des Wasserkreuzes bis in zwei Meter Tiefe freigelegt wurden, erkannte man die Reste von allen vier Kegeln in ihrer originalen Bausubstanz. „Zwei von ihnen sind besonders gut erhalten“, freut sich Archäologin Sabine Sauer.

Die Drehkegel aus Basaltlavasteinen und Feldbrandziegeln wurden verbaut, da die Böschungen sonst durch die Fließgeschwindigkeit des Wassers weggespült worden wären, erklärt Sauer. „Basaltlava ist gut zu bearbeiten, aber gleichzeitig sehr hart.“ Offensichtlich stammen die Basaltsteine aus dem Steinbruch Hohe Buche bei Andernach, aus dem sich schon die Römer bedienten.

Die Archäologin vermutet, dass die Kegel mit Ziegel und Mörtel hinterfüttert sind. Quellen lassen darauf schließen, dass die Ziegelsteine bei Witwe Esser in Grimlinghausen gebrannt wurden, berichtet Sauer. „Das sind die Details, die jetzt sehr interessant werden“, sagt sie und weiß um die historische Bedeutung. Denn das Wasserkreuz gilt als bautechnische Meisterleistung. Hier arbeitete die crème de la crème der französischen Ingenieure.

Das Kästchen mit dem französischen Geld ist zwar noch nicht aufgetaucht, dafür wurde aber eine lateinische Inschrift gefunden: „Zur Aufnahme und zum Ausleeren des Erftwassers — 1809 unter der Herrschaft Napoleons“, heißt es darauf.

Die eigentliche Sanierung des Mauerwerks soll im September beginnen. Zuvor muss der restliche Teil der Böschungskegel trockengelegt werden.

Alle Arbeiten zusammengefasst, kostet die Maßnahme 1,6 Millionen Euro. Allein für die Restaurierung des Denkmals werden rund 700 000 Euro benötigt.

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