Streitfall Münsterschul-Areal: Gewerbe statt Wohnungen?

Industrievertreter mit Investor im Gespräch. Streit schwelt seit Jahren.

Neuss. In zwei Wochen wird am späten Abend eine Fußgängerbrücke über die Batteriestraße eingepasst.

Sie wird dann das neue Kopfgebäude am Hafenbecken1 mit der Innenstadt verbinden. Damit gerät die dem neuen Haus gegenüberliegende Fläche wieder in den Fokus:

Der Fußweg vom Brückenaufsatz zur Quirinusstraße führt über das Gelände der Münsterschule. Hier bahnt sich offensichtlich nach Jahren des Stillstands eine erstaunliche Neuentwicklung an.

Jahrelang wurde nach dem Auszug der Grundschule über die Nutzung der städtischen Fläche diskutiert. Aus einem komplizierten, aufwendigen Wettbewerbsverfahren ging schließlich das Unternehmen Kontrola mit einem Entwurf für Wohnbebauung als Sieger hervor. Das war vor mehr als drei Jahren.

Dass eine Bebauung an dieser Stelle, gegenüber der Industrie am Hafenbecken I, nicht unproblematisch sein würde, war allen Beteiligten klar. Größte Bedenken hatten und haben die Vertreter der Industriebetriebe, zum Beispiel die Betreiber der Ölmühlen: Sie befürchten, dass durch eine Wohnnutzung ihr Bestandsschutz gefährdet und ihre Erweiterungsmöglichkeiten eingeschränkt werden könnten.

Der Ton verschärfte sich mit der Zeit, und im Ergebnis tat sich nichts an der Rheinstraße. Im Rathaus wusste man: Sollte Kontrola, ausgestattet mit einer Baugenehmigung der Stadt, mit dem Bau von Wohnhäusern beginnen, würden die Industrievertreter wahrscheinlich klagen. Für das Gelände gibt es keinen Bebauungsplan und damit auch nicht die gesetzlich vorgesehenen Einspruchsmöglichkeiten für Anlieger.

Ein solches Prozessrisiko wollte die Stadt auf Kontrola abwälzen und deshalb mit dem Kaufpreis um 100 000 auf 900 000 Euro heruntergehen. Doch noch ist der Kaufvertrag gar nicht unterschrieben. Zwischenzeitlich machten Mutmaßungen die Runde, eine Gruppe von Unternehmern um Wilhelm C. Thywissen könne das Gelände selbst kaufen und bebauen — für die eigene Entwicklung unschädlich ohne Wohnnutzung.

Nun gibt es offensichtlich direkte Gespräche der Industrievertreter mit Kontrola. Er habe davon gehört, sei aber nicht beteiligt, sagt Bürgermeister Herbert Napp.

Für das Unternehmen C. Thywissen betonte Geschäftsführer Dominik Baum am Donnerstag, es gebe Gespräche mit allen Beteiligten. „Wohnbebauung können wir nicht akzeptieren“, sagt er mit Verweis auf Produktion und Auslieferung rund um die Uhr.

Keine 150 Meter entfernt liegt das frühere Schulgelände: „Wohnbebauung dort und unsere Produktion sind einfach nicht vereinbar“, sagt der Geschäftsführer. Auch Wilhelm Thywissen hatte im WZ-Gespräch schon im vergangenen Jahr erklärt: „Es gibt keinen Bestandsschutz, wenn Wohnbebauung anrückt.“

Baum betont allerdings, die Unternehmer im Hafen, vor allem an der Industriestraße, wollten die gerichtliche Auseinandersetzung vermeiden. Wird es also eine neue Planung für eine Bebauung mit Gewerbe und Dienstleistern geben? Eine konkrete Antwort darauf gibt Baum nicht. „Alle Parteien sind an einer schnellen Lösung interessiert“, sagt er.

Bürgermeister Herbert Napp wartet zunächst einmal ab. Dass der Kaufvertrag an Kontrola mit dem Bau von Wohnhäusern gekoppelt sei, findet er „nicht zwingend“. Er werde jedenfalls „an einer konstruktiven Lösung mitwirken und so einen Riesenärger vermeiden.“ Da ist dann noch der Rat gefragt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort