Drei niederrheinische Versorger kooperieren Stadtwerke Neuss baut kommunalen Einfluss aus

Neuss. · Dem Neusser Versorger gelingt jetzt über eine Finanzbeteiligung der Einstieg als strategischer Partner.

 Knapp 269 000 Einwohner werden künftig vor allem von den Stadtwerken Neuss mit Energie beliefert.

Knapp 269 000 Einwohner werden künftig vor allem von den Stadtwerken Neuss mit Energie beliefert.

Foto: Ludger Baten

Über eine Finanzbeteiligung steigen die Stadtwerke Neuss in eine strategische Partnerschaft mit den beiden nördlichen Nachbarversorgern in Meerbusch und Willich ein. Das neue Partner-Trio will abgestimmt das Marktgebiet mit 269 000 Einwohnern bedienen und gemeinsame Produkte entwickeln. „Wir alle nehmen Aufgaben der Daseinsvorsorge wahr und legen besonderen Wert auf die Nähe zum Kunden, den Servicegedanken und die nachhaltige Tragfähigkeit der Geschäftsentwicklung“, sagt Stephan Lommetz (60), Vorsitzender der Geschäftsleitung der Stadtwerke Neuss. Nachdem am Mittwochabend auch der Willicher Stadtrat zustimmte, liegen alle erforderlichen Beschlüsse vor. Nun müssen noch die kommunalen Aufsichtsbehörden und die Kartellwächter das neue Kooperationsmodell genehmigen. Experten erwarten aber ein reibungsloses Verfahren.

Aufsicht und Kartellwächter müssen noch zustimmen

Die Stadtwerke-Transaktion wurde möglich, da mit Innogy, einst von RWE als Ökostrom- und Netztochter gegründet, der Beteiligungspartner in Neuss, Meerbusch und Willich von Eon übernommen wird. Dieser Wechsel in der Eigentümerschaft setzt die Change-of-Control-Regel (CoC) in Kraft. Die besagt, dass bei einem Verkauf der Geschäftsanteile, der Beteiligungsgeber – in diesem Fall die Stadtwerke Neuss – entscheiden kann, ob er den neuen Eigentümer akzeptiert.

Akzeptiert er nicht, besitzt er ein  Rückkaufrecht.

Diese CoC-Klausel brachte die Neusser in eine gute Verhandlungsposition. Im Ergebnis verzichteten sie auf einen möglichen Komplettrückkauf der Beteiligung von Innogy. Stattdessen kaufen die Stadtwerke nur 7,4 Prozent der Anteile an der Stadtwerke Energie und Wasser GmbH zurück und erhöhten damit den kommunalen Anteil auf 67,5 Prozent. Im Gegenzug sinkt der Anteil von Innogy von 24,9 auf nunmehr
17,5 Prozent. Der Anteil des dritten Gesellschafters Thüga bleibt unverändert bei 15 Prozent. Neben der Teil-Rekommunalisierung gelang den Neussern der mittelbare Einstieg in eine strategische Partnerschaft mit zwei Nachbar-Stadtwerken. Bei den ebenfalls kommunal beherrschten Versorgern in Meerbusch (40 Prozent) und Willich (25,1 Prozent) ist Innogy jeweils Minderheitsgesellschafter. Wie in Neuss kauften auch diese beiden Stadtwerke zunächst 7,4 Prozent eigene Anteile zurück. Die verbleibenden Innogy-Anteile werden in eine Vorschaltgesellschaft eingebracht, an der sich wiederum die Stadtwerke Neuss Energie und Wasser GmbH mit 49 Prozent beteiligt. Außerdem haben sich die Neusser Zugriffsrechte auf weitere Anteile an dieser Gesellschaft gesichert.

Die Stadtwerke Neuss bauen mit der Neuausrichtung den kommunalen Einfluss aus, erweitern ihre Marktmacht und dürfen auf gute Geschäfte hoffen, denn die Stadtwerke Meerbusch und Willich gelten als ertragsstark. Die Neusser werden einen von zwei Geschäftsführern in der neuen Vorschaltgesellschaft stellen und erhalten jeweils einen Sitz in den Aufsichtsräten der Stadtwerke Meerbusch und Willich. Mit welchem Finanzvolumen diese Transaktion verbunden ist, sagt Stadtwerke-Chef Stephan Lommetz nicht. Er spricht von einem „zweistelligen Millionenbetrag“, den das Unternehmen aus eigener Kraft stemme. Die Stadt Neuss als „Mutter“ werde nicht belastet. Experten schätzen, dass die Stadtwerke mehr als 30 Millionen Euro
investieren.

Die gute Zusammenarbeit der Stadtwerke Neuss mit dem damaligen RWE-Konzern – später Innogy – geht auf die 1950er Jahre zurück. Im Jahr 2009 beteiligte sich RWE/Innogy mit 24,9 Prozent an der Stadtwerke Neuss Energie und Wasser GmbH. Auch für das Stromnetz der Stadtwerke Neuss gibt es eine bis heute bestehende Pachtkooperation.

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