„Neusser Erklärung“ zum Ende des Ersten Weltkriegs Glockenspiel läutet für den Frieden

Neuss. · In einer Resolution bekennt sich die Stadt Neuss 100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs zu seiner Schuld, am Tod Hunderter Zivilisten aus Leuven verantwortlich zu sein. Eine Glocke soll versöhnen.

Bürgermeister Reiner Breuer (r.) mit seinem Leuvener Amtskollegen Louis Tobback.

Bürgermeister Reiner Breuer (r.) mit seinem Leuvener Amtskollegen Louis Tobback.

Foto: Christoph Kleinau

Am 11. November 1918 schwiegen die Waffen. Vier Jahre lang hatten die Völker Europas Krieg gegeneinander geführt. 100 Jahre später gedachte der Neusser Stadtrat am Freitag – einem Tag mit einem ebenso historischen Datum (9. November) – nicht nur der Toten des Ersten Weltkriegs, sondern verabschiedete einstimmig eine Resolution für den Frieden. Am Sonntag fand diese Resolution Erwähnung, als zum 100. Jahrestag das von der Stadt Neuss mit initiierte Friedensglockenspiel im belgischen Leuven zum ersten Mal erklang.

In dieser Neusser Erklärung bekennt sich die Stadt zu einer Schuld, die kurz nach Ausbruch des Krieges im August 1914 das Neusser Landsturm-Infanterie-Bataillon auf sich und die Stadt geladen hat. Damals war die Truppe maßgeblich für eine Strafaktion verantwortlich, bei der Hunderte Zivilisten ums Leben kamen und ein Teil der Altstadt von Leuven in Schutt und Asche gelegt wurde. 100 Jahre später stellte Bürgermeister Reiner Breuer fest: „Wir ergreifen dankbar die ausgestreckte belgische Hand der Versöhnung.“ Denn der Friede, so heißt es auch am Schluss der Erklärung, sei das Beste der Dinge.

Mit dem Brand der Altstadt wurde auch ein historisches Carillon vernichtet. Dieses Glockenspiel mit 40 Glocken wurde jetzt als europaweit beachtetes, grenzüberschreitendes Friedenssymbol rekonstruiert. 300 Spender trugen in den vergangenen zwei Jahren rund 600 000 Euro zusammen, eine der beiden größten Glocken stiftete die Stadt Neuss. Aber auch Einzelspender und Zuwendungen von Vereinen trugen zu dem Gelingen dieses Friedenswerkes bei.

Zur Feierstunde der Glockenspiel-Einweihung reiste am Sonntag eine 80-köpfige Delegation aus Neuss ins belgische Leuven. Dort erklang auch das Neusser Heimatlied. Es war nach der Melodie eines flämischen Carilloneurs, die zur Einweihung komponiert worden war, das zweite Lied, das vom Turm der Abteikirche zu hören war.

40 Glocken umfasst das Spiel, mit einer 41. überraschte Leuvens Bürgermeister Louis Tobback (l.) seinen Neusser Kollegen Reiner Breuer. Ein Gruß nach Neuss – und eine Geste der Freundschaft.

Beim Festakt zur Einweihung sprach auch Stadtarchivar Jens Metzdorf. Mit seiner vor vier Jahren vorgelegten historischen Aufarbeitung des Massakers von 1914 begann die Aussöhnung.

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