Schützen: „Ein Fest für alle Nationalitäten“

BSV-Präsident Thomas Nickel bemängelt fehlende Integrationskraft und ruft zu mehr Offenheit auf.

Neuss. Vor dem Hintergrund, dass in Neuss inzwischen Menschen aus so vielen verschiedenen Nationen wie nie zuvor leben, hat sich Thomas Nickel, Präsident des Bürger-Schützen-Vereins, Gedanken gemacht, inwieweit durch die nationalen und religiösen Unterschiede für das Brauchtum Handlungsbedarf besteht.

Seine klare Botschaft: „Die Vielfalt, aber auch die Gegensätze stellen eine ungeheure Herausforderung für das gesellschaftliche Zusammenleben dar. Die Vorgänge um die radikalen Salafisten in Weckhoven oder die Agitation von „Pro Köln“ machten deutlich, dass der innere Frieden am Rhein gefährdet sei. „Daher müssen wir in Neuss alles unternehmen, damit Respekt, Toleranz und Integration keine leeren Worthülsen sind“, sagt Nickel.

Der stellvertretende Bürgermeister geht dabei auch selbstkritisch mit sich und den Neusser Schützen ins Gericht und bemängelt die oft fehlende Integrationskraft des Neusser Brauchtums bei vielen wichtigen und großen Einwanderergruppen. Die Integration vieler Vertriebener nach dem Krieg habe unter großen Mühen funktioniert. „Das gelingt heute aber nicht mehr in gleichem Maße — bei weitem nicht“, erklärt der Schützen-Präsident.

„Klar, es gibt sie, die Italiener, Spanier, Farbigen, die sich bei uns wohlfühlen. Aber die Anzahl ist überschaubar.“ Nicht einmal in der dritten oder vierten Generation kämen beispielsweise Türken und Araber in großer Zahl zu den Schützen. „Ich bedaure das sehr, weil ich von der Integrationskraft der Schützenfamilie weiterhin zutiefst überzeugt bin“, so Nickel.

Natürlich sei das Schützenwesen für viele Zuwanderern zunächst fremd. „Nicht jedem erschließt sich der Sinn, warum Männer in Uniformen kilometerlang durch die Stadt marschieren“, kommentiert der Schützenpräsident das eigene Tun selbstironisch. „Warum aber junge Männer, die hier geboren und aufgewachsen sind, so selten den Weg ins heimische Brauchtum finden, ist mir noch weitgehend unklar.“ Beide Seiten seien dabei gefordert, aufeinander zuzugehen. „Auch wir müssen vielleicht noch offensiver nach außen kommunizieren, dass wir uns anderen Nationalitäten gegenüber öffnen wollen.“

Nach Auffassung des Vize-Bürgermeisters leidet der Ruf der mehrheitlich friedlichen Muslime oftmals unter den Aktivitäten einer kleinen und radikalen islamistischen Minderheit. „Natürlich erregen die Aktionen der Salafisten auch in Neuss weitaus mehr Aufmerksamkeit als das zumeist geräuschlose und unproblematische Zusammenleben zwischen den Religionsgemeinschaften und Nationalitäten“, sagt Nickel. Es sei daher gut und richtig, wenn sich die offiziellen Vertreter der islamischen Mehrheit von den Gewaltaktionen und Provokationen der radikalen Minderheit distanzierten.

Umgekehrt müsse aber ebenso deutlich werden, dass Terroraktionen wie die der NSU in der Gesellschaft keinen Rückhalt haben. „Das Versagen deutscher Behörden bei der Bekämpfung des braunen Terrors der jüngsten Vergangenheit lastet schwer auf der Glaubwürdigkeit Deutschlands“, resümiert er.

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