PS-Monster oder Elektroauto?

In Neuss zeigte sich am Wochenende, wie groß die Bandbreite der Autoliebhaber ist: Am TÜV-Areal trafen sich die Tuning-Fans, auf dem Münsterplatz ging es um Elektroautos.

Mal abgesehen von der Form der Karosserie ist am BMW E46 von Alex Michaelis eigentlich nichts mehr so, wie einst von den bayerischen Autobauern ausgeliefert: Der Wagen ist in Tarnfarben foliert, tiefergelegt, mit einem Überrollbügel ausgestattet — und unter der Haube protzt ein 2,8-Liter-Motor mit 240 PS. Das Gefährt mutet böse an. Alex Michaelis gibt zu: Schonen will er seinen Wagen nicht. „Ich will Autos für die Zwecke nutzen, für die sie gebaut worden sind.“ Ab und zu, sagt er, fährt er auch mal schneller. Der 23-Jährige, der das Tuning von BMW-Modellen zu seinem Hobby gemacht hat, hatte sich spontan entschieden, mit Freunden nach Neuss zu kommen, um sein Auto zu zeigen und um die Begeisterung fürs Tuning mit Hunderten Anhängern der Szene zu teilen. Tatsächlich reihten sich gestern auf dem TÜV-Gelände rund 650 der PS-starken und außergewöhnlich aussehenden Autos, deren Besitzer der Einladung des Neusser Vereins „VAG-Scene“ zum markenoffenen Treffen gefolgt waren.

Nachdem der Verein im vergangenen Jahr sein erstes Treffen auf dem Parkplatz eines Elektromarktes an der Moselstraße organisiert hatte, haben sich die Organisatoren um Vereinschef Daniel Claff dazu entschieden, das Treffen diesmal von der Stadt genehmigt auf dem TÜV-Areal stattfinden zu lassen. Autofans aus ganz Deutschland nutzten die Gelegenheit, um sich dort über neueste Trends in der Tunerszene zu informieren, sich auszutauschen und sich inspirieren zu lassen. Diesmal geriet die Veranstaltung auch nicht wie beim ersten Mal aus dem Ruder, als die unerwartete Masse an Autoenthusiasten sämtliche Straßen verstopfte: Die TÜV-Wiesen boten den Fahrern ausreichend Platz.

PS-Monster oder Elektroauto?
Foto: woi

Die Veranstalter des Treffens betonten die „gute Zusammenarbeit mit der Polizei“. Die hatte eigens Kfz-Spezialisten geschickt, um einige Fahrzeuge an mehreren Kontrollstellen auf ihre Verkehrssicherheit zu prüfen und Raser aus dem Verkehr zu ziehen.

Deutlich „sanfter“ ging es gestern Nachmittag am Rande des Stadtfestes „Neuss blüht auf“ auf dem Münsterplatz zu. Bei der Aktion „Neuss elektrisch“ informierten einige Autohäuser über E-Mobilität. Die Veranstaltung profitierte vom verkaufsoffenen Sonntag in der Innenstadt — viele Besucher kamen zufällig an den dort ausgestellten Elektroautos vorbei und testeten die E-Fahrzeuge „von morgen“ auch bei Probefahrten. Von getunten PS-Boliden war dort keine Spur — vielmehr rollten die Testfahrzeuge beinahe geräuschlos an. Während einige Hundert Meter weiter auf dem TÜV-Gelände etwa die GTI-Sportvarianten der Autos zählten, leistete Leon Breuer vom Autohaus Moll eher Aufklärungsarbeit, in dem er einigen Besuchern erklärte, was es etwa mit dem Golf 7 „GTE“ auf sich hat. „Das E steht für Elektro“, sagte Berner. Insgesamt handele es sich bei dem Modell um einen sogenannten Plug-in-Hybrid, also um ein Auto, das sowohl über einen Benzin- als auch über einen Elektromotor verfügt. Beide Motoren sollen zusammenarbeiten und so den Spritverbrauch sehr gering halten können.

Viele der Besucher betraten gestern gewissermaßen Neuland und zeigten sich eher skeptisch. Der Neusser Hideshi Ijuin etwa warf einen Blick in den Motorraum eines E-Autos und fragte sich, wie wohl die Technik funktioniert. „Momentan fahre ich noch einen Diesel. Ich könnte mir aber schon vorstellen, eines Tages auf ein Auto mit Elektroantrieb umzusteigen.“

Einer, der bereits vor drei Monaten auf ein E-Fahrzeug umgestiegen ist, ist Ulrich Hampel aus Neuss. Er ist fest von der neuen Technik überzeugt und würde seinen BMW i3 mit einer Reichweite von 150 Kilometern bei vollgeladenen Akkus nicht mehr gegen ein Auto mit klassischem Verbrennungsmotor tauschen. „Es ist besser für die Umwelt. Außerdem finde ich das Fahren in einem ruhigen Elektroauto viel entspannter. Das ist wahrer Komfort“, sagt der 60-Jährige.

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