Prozess: „Er wusste stets, was ich tat“

Am Dienstag wurde der Prozess gegen den 69-jährigen Neusser Jürgen Gerhard W. fortgesetzt.

Neuss. Schon vor der Tat, die Jürgen Gerhard W. am 25. Januar in Hückelhoven begangen haben soll, befand er sich in psychiatrischer Behandlung. Das sagte der 69-Jährige am Dienstag vor dem Landgericht Mönchengladbach aus. „Es gab verschiedene Gründe. Ich habe schlecht geschlafen, war unruhig“, so W. Er sei in Einzelgesprächen therapiert worden, habe bis zur Tat Medikamente eingenommen.

Dem Neusser wird vorgeworfen, am 25. Januar mit einem Fleischermesser mehrfach auf seine ehemalige Lebensgefährtin eingestochen zu haben — mit der Absicht, sie zu töten. Anschließend habe er versucht, sich durch einen Sprung aus dem siebten Stock seines Wohnhauses am Hubertusweg in Neuss selbst das Leben zu nehmen. Sowohl W. als auch sein Opfer, H., überlebten.

Zur Tat selbst machte der Angeklagte und Vater zweier Töchter keine Aussagen — sein 61-jähriges Opfer dafür umso ausführlicher. Beim Tanzen habe sie W. im Mai 2012 kennengelernt. Sofort sei ein enger Kontakt entstanden, zuerst telefonisch, später habe er sich fast ausschließlich in ihrer Wohnung aufgehalten. „Er hat mir alle Arbeiten abgenommen, gebügelt, Äpfel geschält, die Wohnung aufgeräumt. Es war wie im Hotel“, so die 61-Jährige. Später habe er ihre Post geöffnet, sogar eine Pin-Nummer aufgerubbelt und ihr mitgeteilt. „Er wusste stets, was ich tat. Diese Enge war so beängstigend, dass ich die Beziehung Ende 2012 beendet habe.“

Trotzdem habe er sie weiter angerufen, sie besucht und Kurznachrichten auf ihr Handy geschickt. Irgendwann habe er sich schließlich selbst in eine psychiatrische Einrichtung einweisen lassen. Aber auch dann nahmen die Kontaktversuche nicht ab. „Morgens kamen Liebesbeweise als Kurznachrichten, später am Tag Selbstmordabsichten und abends Gute-Nacht-SMS“, so H.

Irgendwann ließen diese Nachrichten dann nach — bis zum 25. Januar: Am Tag der Tat habe W. morgens die Worte „Ich wünsche Dir einen Tag voller Freude und Gelassenheit“ per Kurznachricht auf das Handy seines mutmaßlich späteren Opfers geschickt. Kurz darauf habe er sie mit dem Messer vor ihrer Haustür abgefangen und die Tat begangen.

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