Projekt Aufwind: Hilfe für Kinder psychisch kranker Eltern

Mit „Aufwind“ unterstützen Caritas und SkF Kinder psychisch kranker Eltern.

Neuss. Kinder von psychisch erkrankten Elternteilen fühlen sich oft verantwortlich, übernehmen uneigennützig die Elternrolle — und bleiben dabei nicht selten selbst auf der Strecke. Bis zu viermal höher ist das Risiko betroffener Kinder, später ebenfalls psychisch zu erkranken.

Hier setzt das Kooperationsprojekt Aufwind an, das Caritasverband, die Caritas-Sozialdienste und der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) seit Beginn vergangenen Jahres mit Erfolg praktizieren. „Aufwind basiert auf vier Säulen“, führt Ingeborg Glauer von Balance, der Erziehungs- und Familienberatungsstelle der Caritas, aus: „Im Vordergrund steht zunächst die Beratung für die Eltern, Kinder und Familien. Für die Kinder kommen dann womöglich Gruppenangebote oder auch die Unterstützung durch einen ehrenamtlichen Paten infrage. Im Hintergrund sind wir bemüht, die Informationen und Angebote zu koordinieren und zu vernetzen.“

Gerade jüngeren Kindern zu erklären, was mit ihren Eltern nicht stimmt, und vor allem, dass die daran überhaupt keine Schuld tragen, sei nicht leicht, erklärt Bärbel Rosengart vom KiZ (Kids im Zentrum), wo die Gruppenangebote für Sechs- bis 18-Jährige stattfinden. „Dort können die Teilnehmer noch mal richtig Kind sein. Bisweilen knüpfen sie bei uns das erste Mal richtige Freundschaften, denn nach Hause konnten sie ja in der Regel nie einen Freund mitbringen“, sagt Rosengart.

In Rollenspielen werde das Erlebte wöchentlich aufgearbeitet, Strategien entwickelt, wie man dem Unerklärlichen in der eigenen Familie begegnen kann. „Es geht auch darum, überhaupt erst mal wieder ein Selbstwertgefühl zu entwickeln“, sagt Rosengart. In den Gruppen seien auch Kinder von suchtkranken Eltern, „die Herausforderungen sind ähnlich“, erläutert die Sozialarbeiterin.

Das SkF vermittelt bei Bedarf ehrenamtliche Paten, die Familien entlasten, sich kümmern, manchmal auch nur einen Tag mit dem Kind etwas unternehmen. „Aktuell gibt es 13, die Zahl der Kinder ist aber erheblich höher. Wir könnten also noch gut ein paar weitere Paten gebrauchen“, betont Gabriele Demming. Hilfreich sei es, wenn sich die von einer psychischen Erkrankung betroffenen Eltern selbst bei einer der Stellen melden würden. Manchmal komme der Kontakt auch über die Jugendämter zustande, sagt Glauer. „Wichtig ist dann, dass ohne langes Warten auf einen Termin geholfen oder an die bestmögliche Stelle verwiesen werden kann.“ Würden Eltern sich hingegen sperren, sei es schwierig, überhaupt einzugreifen.

17 Kinder wurden seit Beginn des Projekts, das bis Ende 2014 angesetzt ist, nach Möglichkeit aber auch darüber hinaus weiterlaufen soll, in Neuss betreut. Am Ende seien es immer die Kinder selbst, auf die man vertrauen sollte: „Sie haben gute Antennen für die Realität, sind aber natürlich auch loyal ihren Eltern gegenüber. Doch wer genau hinhört, erfährt am ehesten etwas über die Zustände zu Hause“, erklärt Bärbel Rosengart. So habe ein Achtjähriger geäußert: „Meine Mama ist traurig — seit meiner Geburt.“

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