Politik diskutiert über Glücksspiel

Die Fraktion „Mein Grevenbroich“ möchte, dass der Glücksspielstaatsvertrag restriktiver angewendet wird.

Politik diskutiert über Glücksspiel
Foto: Busch

Grevenbroich. Die Fraktion „Mein Grevenbroich“ hat die Verwaltung aufgefordert, das Glücksspiel-Angebot in der Stadt konsequent zu begrenzen — selbst wenn damit Ertragseinbußen aus der Vergnügungssteuer verbunden sind. „Jugend- und Spielerschutz in Grevenbroich zu wahren sowie Glücksspiel- und Wettsucht zu verhindern, muss Vorrang haben“, sagt Fraktionsvorsitzende Martina Suermann. Die Kommune müsse hier eine Schutzfunktion erfüllen.

In einem Antrag für die heutige Ratssitzung weist „Mein Grevenbroich“ auf Änderungen am Glücksspielstaatsvertrag hin, die zum 1. Juli nächsten Jahres in Kraft treten. Diese sehen vor, dass Spielhallenbetreiber künftig nur noch über eine Konzession für je zwölf Geräte verfügen und nicht, wie bisher, Mehrfachkomplexe betreiben können. Die Auswirkungen auf Grevenbroich: Bei restriktiver Anwendung des Glücksspielstaatsvertrages könnte es zu einer Reduzierung von 13 auf sechs Spielhallen kommen. Das hat die Verwaltung auf Anfrage der SPD mitgeteilt. Der damit verbundene Steuerausfall könne sie zurzeit aber nicht beziffern.

„Den möglichen Ertragseinbußen für die Stadt stehen aus unserer Sicht die sozioökologischen Kosten insgesamt und die gesellschaftlichen Folgen für die Spielsüchtigen gegenüber“, sagt Suermann. Sie richtet den Blick auf eine Studie von Professor Tilman Becker von der Forschungsstelle Glücksspiel der Universität Hohenheim.

Darin werden die sozialen Kosten, die jährlich mit dem Zocken in Deutschland verbunden sind, auf rund 326 Millionen Euro beziffert. Das Geld wird etwa für die Behandlung pathologischer Glücksspieler ausgegeben, für den Spielerschutz oder die Präventionsforschung. „Vor dem Hintergrund dieser sozioökologischen Auswirkungen halten wir es für zwingend erforderlich, das Glücksspielangebot auch in unserer Stadt konsequent zu begrenzen“, sagt Suermann. Sie hofft nun auf breite Unterstützung der Ratsfraktionen. Gleichzeitig fordert „Mein Grevenbroich“ die Verwaltung auf, eine Alternative für die wegbrechenden Einnahmen aus der Vergnügungssteuer zu finden. Denn die sind im Haushaltssanierungsplan der Stadt fest eingeplant.

Nach Auskunft von Kämmerin Monika Stirken-Hohmann gibt es zurzeit 234 Geldspielautomaten in Grevenbroich. Die jährlichen Steuereinnahmen beziffert sie auf etwa 650 000 Euro. Laut der Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht NRW, die seit 1998 Daten sammelt, wurden alleine 2014 in Grevenbroich mehr als 4,9 Millionen Euro verspielt. Zehn Jahre vorher waren es noch 2,4 Millionen.

Gemeinsam mit der Landeskoordinierungsstelle werden die Caritas-Sozialdienste in Kürze das landesweite Projekt „Glüxxit — wer nicht zockt, gewinnt“ im Berufskolleg für Wirtschaft und Informatik in Grevenbroich umsetzen. Ziel ist es, Lehrer und Schulsozialarbeiter mit Rüstzeug zu versehen, um Jugendliche für die Risiken des Glücksspiels sensibilisieren zu können. Das Präventionsprojekt wird Anfang Oktober offiziell vorgestellt.

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