Obdachlose: In der Kälte nicht allein gelassen

Die Stadt hat Öffnungszeiten erweitert. Die Tafel verteilt Schlafsäcke und Decken.

Neuss. Menschen hetzen durch die Geschäfte. Es ist kalt und alle sind froh, wenn sie wieder in ihren warmen vier Wänden sind und die Weihnachtsvorbereitungen sie nicht nach draußen führen.

Doch nicht alle in Neuss haben ein Zuhause, in das sie sich abends zurückziehen können.

Derzeit gibt es etwa 25 Wohnungslose in Neuss. „Die genaue Zahl lässt sich nicht feststellen, weil nicht alle die Angebote nutzen“, erklärt der Leiter des Sachgebietes Hilfen bei Wohnproblemen, Ernst Goertz.

Obdachlose können dreimal die Woche in der Neusser Tafel Lebensmittel oder warme Kleidung abholen. „Wir geben hier auch Decken oder Schlafsäcke aus. Der kalte Winter macht sich natürlich auch an den Bedürfnissen bemerkbar“, sagt die Vorsitzende der Tafel, Rebecca Schuh.

In diesem Jahr packen die ehrenamtlichen Mitarbeiter 120 Taschen für die Nicht-Sesshaften, die am 2. Weihnachtstag verteilt werden. „Wir haben zu Lebensmittelspenden aufgerufen, damit auch Bedürftige zum Fest etwas besonderes essen können“, sagt sie.

Für die Obdachlosen gelte zudem eine Sonderregelung: Sie dürfen die Tafel unbefristet nutzen. „Für alle anderen gilt, dass sie maximal ein Jahr kommen dürfen. Die Kapazitäten reichen sonst nicht aus. Wir sind keine Dauerversorger. Wir wollen Menschen, die kurzfristig in Not geraten, helfen und einen Anschub geben“, erklärt Schuh.

Diese Einstellung stört einige Tafelnutzer. „Ich finde das unsozial. Ich bekomme in diesem Jahr weniger Geld als zuvor, darf aber auf das Angebot der Tafel nicht mehr zurückgreifen, um für meine Kinder etwas Frisches zu kaufen“, beschwert sich eine Neusserin, die anonym bleiben will. Sie bemängelt außerdem, dass nach Sympathie entschieden würde, wer kommen dürfe und wer nicht.

„Wir haben hier viele Leute, die vergessen, dass wir ehrenamtlich arbeiten. Sie stellen Ansprüche, beschimpfen uns oder sind unverschämt. In solchen Fällen beenden wir die Laufzeit früher“, sagt Schuh zu den Vorwürfen. Dass alle das System nur ein Jahr nutzen könnten, sei unabdingbar.

Die Stadt und der Caritasverband haben auf die niedrigen Außentemperaturen reagiert und die Öffnungszeiten des Cafés Ausblick und der „Hin und Herberge“ erweitert. „Wohnungslose müssen jetzt nur noch zwei Stunden am Tag überbrücken“, berichtet Sachgebietsleiter Ernst Goertz.

Etwa 18 Personen nutzen die Übernachtungsmöglichkeiten täglich. „Wir verfügen über 20 Betten. Wenn mehr Menschen kämen, würden wir aber auch ihnen einen Platz geben.“

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