Neusser Jugendamtsleiter: „Frühe Hilfen sind die besten“

Frühwarnsystem: Vernachlässigung von Kindern soll durch ein Netzwerk vorgebeugt werden.

Neuss. Zum wiederholten Mal ist Max ungewaschen im Kindergarten erschienen. Auch die Stifte, die er für den Bastelnachmittag mitbringen sollte, hat seine Mutter vergessen, ihm in den Rucksack zu stecken. "Das muss nichts heißen. Es kommt aber gerade auf diese kleinen Tendenzen an, die auf eine Vernachlässigung schließen lassen könnten", erklärt Achim Tilmes, Leiter des Jugendamtes.

Um eine mögliche Kindeswohlgefährdung früh zu erkennen und ihr entgegensteuern zu können, geht die Stadt mit ihrem sozialen Frühwarnsystem in eine zweite Runde: Die Vernetzung der Einrichtungen, die mit Kindern und Eltern in Kontakt kommen - ob Kindertagesstätte, Schule oder Kliniken - soll intensiviert werden.

So genannte Wahrnehmungsbögen sollen Erziehern, Lehrern oder Ärzten helfen, den Unterstützungsbedarf von Familien frühzeitig zu erkennen. Auf dem Bogen wird die Qualität der elterlichen Fürsorge in Bezug auf physiologische, emotionale und soziale Bedürfnisse oder geistige Erfahrungen des Kindes von gut über grenzwertig bis unzureichend bewertet.

Der Bogen soll ausgefüllt werden, wenn das Kind Auffälligkeiten zeigt. "Er soll in erster Linie den Blick des Erziehers oder des Lehrers schulen", erklärt Tilmes. Bei der Bewertung der wahrgenommenen Auffälligkeit hilft dann Ursula Milewski, die von der Stadt als Koordinatorin für das soziale Frühwarnsystem eingestellt wurde.

150 bis 200 Hinweise auf Kindeswohlgefährdung sind 2008 beim Jugendamt eingegangen. Mitunter seien auch persönliche Auseinandersetzungen der Hintergrund, wenn Nachbarn oder Angehörige das Jugendamt verständigen, so Tilmes.

Die Anzahl der Hinweise seien im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen. "Die Menschen sind sensibler geworden, sie schauen besser hin, wenn es um eine mögliche Gefährdung des Kindes geht. Und genau das ist auch unser Bestreben mit dem Frühwarnsystem", sagt Tilmes.

In Erfttal ist das Projekt bereits in drei Kindergärten und einer Schule getestet worden. 37 Bögen sind ausgefüllt worden. In zehn Fällen konnte einer Kindeswohlgefährung durch die Vermittlung an Beratungsstellen entgegen gesteuert werden.

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