Neuss: Zentrums-Kandidat wird wegen Betrugs angeklagt

Mediziner Dr. Klaus Brall tritt bei der Neusser Bürgermeisterwahl an.

Neuss: Zentrums-Kandidat wird wegen Betrugs angeklagt
Foto: woi

Neuss. Betrug in zwei Fällen wirft die Staatsanwaltschaft Düsseldorf dem Politiker (61) vor. In einem Fall soll es bei einem Versuch geblieben sein. Oberstaatsanwalt Ralf Herrenbrück bestätigte die Anklage: „Es geht um Vorwürfe des Betruges mit einer weiterhin genutzten Vorsorgevollmacht, die zuvor wirksam widerrufen worden sein soll. Sie wurde bei zwei Rechtsgeschäften genutzt.“ Die Hauptverhandlung im Neusser Amtsgericht ist für den 1. Dezember terminiert, bestätigte Gerichtssprecher Kay-Uwe Krüger. Da das Gericht die Anklage zugelassen hat, geht es somit von einem hinreichenden Tatverdacht aus.

Der 61-Jährige erklärte zu der Anklage auf Nachfrage: „Ich habe mit Vorsorgevollmachten für meine Mutter gehandelt, und sie sind nicht widerrufen worden. Ich bin weiter Bevollmächtigter meiner Mutter.“ Die vom Gericht bestellte Betreuerin der Mutter sah das anders und erstattete Anzeige.

Es ist nicht der einzige Rechtsstreit, in dem sich Brall derzeit befindet. Ein drei Jahre alter Strafbefehl wegen Trunkenheit im Straßenverkehr und Beleidigung von Polizeibeamten wird demnächst in der dritten Instanz verhandelt, nachdem zuletzt Anfang Juni das Landgericht Düsseldorf Brall zu einer Geldstrafe von 130 Tagessätzen und 18 Monaten Führerscheinentzug verurteilt hatten. Der Staatsanwalt notierte im Juni nach dem Prozess in der Akte, Brall habe sich „impertinent gezeigt, unhaltbare Rechtsauffassungen vorgetragen und war bei der Urteilsverkündung schon nicht mehr anwesend“. Brall sagte dazu: „Mir wird eine Alkoholfahrt vorgeworfen, dabei hatte ich erst nach Ende der Fahrt und vor der Blutprobe Alkohol getrunken. Es ist ein Unding, dass ein Verfahren gegen mich angestrengt wird.“ Er nennt die Verfahren „organisiertes Verbrechen des Staates gegenüber einem Bürger“ und begründet seine Kandidatur so: „Man muss auf politischem Weg die Allmacht der Justiz beschneiden.“

Brall macht im Wahlkampf mit populistischen Forderungen auch zum Thema Flüchtlinge auf sich aufmerksam. Trotz der nicht rechtskräftigen Verurteilung und der Anklage könnte er Bürgermeister werden. Laut Strafgesetzbuch verliert nur dann jemand seine Amtsfähigkeit, wenn er wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist.

Einen weiteren Rechtsstreit führt der Allgemeinmediziner derzeit mit der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO). Die hatte Brall im vergangenen Jahr die Zulassung als Kassenarzt entzogen, weil er seinen vertragsärztlichen Pflichten nicht in ausreichendem Maß nachgekommen sein soll, teilte ein Sprecher mit. Er soll sich geweigert haben, vorgeschriebene Fortbildungen abzuleisten. Brall bestätigte diesen Vorwurf und kündigte an, sich weiter gegen „Fortbildungszwang“ (Brall) zu wehren. Die Sache liegt derzeit beim Sozialgericht. Privatpatienten darf er weiter behandeln, tut dies aber nach eigener Auskunft nicht. Bralls Praxis ist bereits seit mehr als einem Jahr geschlossen.

Davon unberührt läuft ein Privatinsolvenzverfahren gegen Brall, das Gläubiger — unter anderem sein ehemaliger Vermieter der Praxisräume — vor vier Jahren beantragt hatten und das im August 2011 vom Amtsgericht Düsseldorf eröffnet wurde. Insolvenzverwalter Jan-Philipp Hoos bestätigte dies und erklärte: „Die Masse steht zur Verteilung, das Verfahren wird kurzfristig abgeschlossen sein.“

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