Neuss: Weißdornwall sicherte die Bauern

Carl Pause und Michael Stitz haben den Verlauf der Befestigung rekonstruiert.

Neuss. Dass Neuss im Mittelalter von einer Stadtmauer gesichert war, dass mächtige Tore das Bild prägten - lange bekannt und am Obertor unübersehbar. Doch das Neusser Territorium war sehr viel größer als die eigentliche Stadt. Und dieser Areal wurde ebenfalls gesichert. Der Archäologe am Clemens-Sels-Museum, Carl Pause, und Michael Stitz vom Vermessungsamt haben jetzt die Lage der mittelalterlichen Landwehr rekonstruiert und auf einer Karte dargestellt.

Die Quellen sagen wenig über diesen Schutz des Neusser Territoriums vor Überfällen. Der war enorm wichtig, sicherten doch die Höfe außerhalb der Stadtmauern die Versorgung der Stadt. Ein Text aus dem unruhigen 14.Jahrhundert benennt den Ausgangspunkt der Anlage: Im Zuge eines Streits zwischen Stadt und Erzbistum Köln fordert der Erzbischof als Landesherr im Jahr 1377 definitiv den Bau einer Landwehr.

Dazu mussten, lange bevor die ersten Landvermesser aktiv wurde, die Grenzen bestimmt werden. Das tat man damals durch so genannte Grenzgänge: In feierlicher Prozession zogen die Menschen, Alte und Junge, über Land, verwiesen auf Grenzsteine und alte Grenzlinien. Sehr viel später, zu napoleonischer Zeit, hat der französische Vermesser Tranchot die erste nach Worten von Carl Pause vernünftige Karte des Neusser Areals erstellt. Sie war Ausgangspunkt für das Archäologen- und Vermesser-Team.

Flurnamen, Grenzverlauf und Grenzsteine waren Ansatzpunkte. Denn geblieben ist von der alten Landwehr nichts. Wie sie ausgesehen hat, haben die beiden Neusser rekonstruiert. Ein Graben wurde ausgehoben, ein Wall angeschüttet, darauf eine undurchdringliche Hecke aus dicht zusammengebundenem Weißdorn gesetzt. Diese Landwehr begann an der Erft in Weckhoven, lieferten doch dieser Fluss - hinter der Grimlinghauser Brücke begann das Herzogtum Jülich - und der (sich ständig verschiebende) Rhein die natürlich Grenzen. In großem Bogen verlief die Landwehr bis zu den nördlich der Stadt gelegenen Bergischen Wiesen. Wo die wenigen Wege kreuzten, gab es einen Schlagbaum. Am Storksfallthor, einer Flurbezeichnung auf der Franzosenkarte, hat es wohl eine Zug- oder Ziehbrücke gegeben, die Pause und Stitz ebenfalls rekonstruiert haben.

Noch immer künden viele Flurnamen von der alten Wehr. Die Straße Bauerbahn bezieht sich auf den Burgbann, Morgenstern heißt schlicht der Markstein, Straßen wie "An der Hecke" oder "An der Rehhecke" sind weitere Hinweise auf den Verlauf der alten Sicherungsanlage.

Die Karten und Animationen rund um die alte Neusser Landwehr zeigt das Team, das bereits die alte Römerbrücke in Grimlinghausen "reanimiert" hat, im Rahmen der Mittelalterausstellung des Clemens-Sels-Museums, die am 23.Januar eröffnet wird.

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