Neuss: Vom Geschäft mit Schulden

Ab 2014 laufen langfristige Kredite aus. Zinsen derzeit günstig wie nie.

Neuss. Die Wirtschaftskrise hat die Stadt erreicht: Der Haushaltsentwurf 2010, der am kommenden Freitag verabschiedet wird, ist eng gestrickt. 2011 wird es noch deutlich enger werden. Bis zum Ende des Jahres wird die Ausgleichsrücklage, eine Art Dispo, ausgeschöpft sein.

In diesem Zusammenhang legt die Verwaltung der Politik nun erstmals eine von der Sparkassen-Finanzgruppe erstellte Analyse der Schulden vor. Die Schuldenlast der Stadt ist zwar im Vergleich zu anderen notleidenden Kommunen und erst recht im Verhältnis zum sehr hohen Eigenkapital nicht gerade hoch. Doch stellt sich die Frage der künftigen Zinssicherung. Eng wird es 2014 bis 2016, wenn mehrere langfristige Kredite auslaufen.

Knapp 282 Millionen Euro hoch ist die Gesamtverschuldung der Stadt; 96 Prozent davon sind Investitionskredite zu festem Zins, die in der Regel über zehn Jahre laufen. 4 Prozent (am Stichtag 21. Februar) sind so genannte Kassenkredite, auf die die Stadt wie bei einem Girokonto zurückgreift, um kurzfristige Schwankungen auszugleichen.

Der Zins für diese Kredite ist variabel und schwankt ständig. Das Verhältnis von festen zu variablen Krediten verschiebt sich nun mit den Jahren immer weiter hin zu den variablen: Mit jedem auslaufenden Kredit ist unklar, zu welchem Zinssatz er verlängert werden kann.

Aktuell kann die Stadt auf einem historischen Tiefstand abschließen. Die Analyse geht für den Zeitraum bis 2019 von einem durchschnittlichen Zins von gut 4 Prozent aus, derzeit werden den Städten Investitionskredite zu einem Zins von gerade einmal 3 Prozent angeboten.

Dass das nicht so bleiben wird, vermutet nicht nur Stadtkämmerer Frank Gensler. Das sensible Thema Zinssicherung kommt wieder auf die Tagesordnung. Nach den Auseinandersetzungen um die Derivatgeschäfte der Stadt mit der West LB und der Deutschen Bank setzt er auf größte Transparenz: Deshalb die Analyse der Sparkasse. Bis zum Sommer will der Kämmerer der Politik einen Vorschlag präsentieren.

Dabei schließt er aus, laufende Kredite jetzt vorzeitig abzulösen und zu den günstigen Bedingungen zu verlängern: Die Prämien, offiziell Vorfälligkeitentschädigung, seien viel zu hoch. Sinnvoll, so Gensler, sei eine Zinssicherung nur durch Swap- oder Zinsderivat-Geschäfte. Die halte mittlerweile sogar der Bund der Steuerzahler unter Umständen für sinnvoll, betont Gensler. Jedenfalls möchte er nicht "ungeschützt ins Risiko" gehen.

Die mögliche Zinsersparnis könnte in etwa die Millionensumme ausmachen, die die Stadt von der Haushaltssicherung trennt. Gensler abschließend: "Es ist für mich keine verwerfliche Spekulation, sich über die Zukunft Gedanken zu machen."

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