Chefplaner des Autokinos in Neuss „Wir hoffen, keinen Verlust zu machen“

Interview · Der Chefplaner des Neusser Autokinos zieht eine ernüchternde Bilanz. Sind künftige Projekte in Gefahr?

 Sven Kukulies hofft, mit dem Kino-Projekt zumindest keine Verluste zu machen.

Sven Kukulies hofft, mit dem Kino-Projekt zumindest keine Verluste zu machen.

Foto: Anne Orthen (ort)/Orthen, Anne (ort)

Herr Kukulies, in zwei Monaten hatten Sie im Autokino auf dem Neusser Kirmesplatz rund 8500 Gäste. Sind Sie damit zufrieden?

Sven Kukulies: Die Hoffnungen, die Dirk Sellner und ich in das Projekt gesetzt haben, wurden nicht erfüllt, sonst hätten wir es nicht nach zwei Monaten – also der ersten Genehmigungsphase – beendet.

Wie schaut es mit den Finanzen aus?

Kukulies: Wir haben noch nicht alle Zahlen vorliegen, aber wir hoffen, dass wir mit einem blauen Auge davonkommen – zumindest keinen Verlust zu machen. Verdient haben wir Organisatoren mit dem Projekt voraussichtlich nichts.

Sie haben zwei Jahrzehnte lang das Open-Air-Kino in der Landeshauptstadt Düsseldorf organisiert. Waren die Schwierigkeiten in Neuss denn für Sie als Experten nicht vorauszusehen?

Kukulies: Nein, es gab zwei Faktoren, die wir trotz 20 Jahren Erfahrung nicht auf dem Zettel hatten – von denen wir jedoch maßgeblich abhängig sind. Beispielsweise haben sich die Filmverleiher unserer Auffassung nach komisch ­verhalten.

Was meinen Sie genau?

Kukulies: Ab Februar bis heute wurden keine Filme auf den Markt gebracht, die mehr Publikum ziehen als zum Beispiel Arthouse-Produktionen, die wir zum Teil als Vor- oder NRW-Premieren gezeigt haben. Gleichzeitig wurden jedoch in Windeseile alle Rechte an die Streaming-Dienste weitergegeben. Das war für die Kino-Betreiber kontraproduktiv, denn so hatten wir kaum Content, der für die Menschen neu war.

Was war der zweite Faktor?

Kukulies: Ich hatte den Eindruck, dass die Menschen durch den Shutdown viel mehr Fernsehen geschaut und gestreamt haben.

Welcher Film ist in Neuss denn am erfolgreichsten gewesen?

Kukulies: Tatsächlich waren die Leute sehr neugierig auf den Auftakt mit Dirty Dancing. Auch „Das perfekte Geheimnis“ wurde gut angenommen. Darum haben wir den Film auch zweimal gezeigt.

Sie haben aber nicht nur Filme präsentiert, sondern auch einen Familiennachmittag mit Varieté-Sshow, Konzerte oder eine Bundesliga-Übertragung...

Kukulies: Ja, aber bei der Bundesliga hatten wir nur die Möglichkeit, den frei empfangbaren ersten Spieltag nach der Corona-Pause zu senden. Danach stellte sich heraus, dass es keine Public-Streaming-Lizenzen für die Fußball-Bundesliga gibt.

Vor der Corona-Pause hatten Sie eigentlich große Pläne für Neuss, wollten auf der Rennbahn mehr als 75 Open-Air-Kino-Veranstaltungen mit mehr als 100 000 Besuchern umsetzen. Sind diese Pläne nach den jüngsten Erfahrungen noch aktuell?

Kukulies: Das Autokino in Neuss ist kein negativer Einzelfall, den Kollegen in Krefeld, Mönchengladbach und Wuppertal ist es ähnlich ergangen wie uns. Düsseldorf wird von einem städtischen Unternehmen veranstaltet und hat daher andere Möglichkeiten. Ob sich der dort betriebene Aufwand wirtschaftlich amortisiert, ist jedoch fraglich. Neuss liegt bei den Besucherzahlen zwar nicht unter dem Durchschnitt, uns wurde hier aber auch nicht gezeigt, dass man besonders heiß auf solche Events ist. Von daher planen wir derzeit äußerst vorsichtig. Zukünftige Projekte hängen von einer soliden Grundfinanzierung von Sponsoren ab. Ich befürchte jedoch, dass 2021 coronabedingt beim Thema Sponsoren-Gelder sehr schwierig werden wird.

Wie hat die Zusammenarbeit mit der Stadt funktioniert?

Kukulies: Gut, da müssen wir ein großes Dankeschön ausrichten. Nicht nur an den Bürgermeister, sondern auch an Neuss Marketing und die jeweiligen Ämter. Da waren alle hochflexibel und motiviert. Auch sie hätten sich einen größeren Zuspruch gewünscht. Ich möchte auch noch betonen, dass die Zeugnisausgaben an die Abiturienten im Autokino noch einen schönen Abschluss gebildet haben.

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