Antrag auf Sondersitzung SPD: Ärger wegen Postenverteilung

Der Stadtverband ist dem Personalvorschlag eines Ortsvereins nicht gefolgt. Das hat für Ärger gesorgt. Einige Genossen sehen Gesprächsbedarf.

 Die junge Neusser SPD-Garde um den Vorsitzenden Sascha Karbowiak bekommt derzeit viel Gegenwind.

Die junge Neusser SPD-Garde um den Vorsitzenden Sascha Karbowiak bekommt derzeit viel Gegenwind.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Harald Holler (71) aus Grimlinghausen ist sauer. Seit mehr als einem Vierteljahrhundert sitzt der Sozialdemokrat im Kreistag und würde gern für eine weitere Amtszeit kandidieren, wenn im Herbst 2020 ein neuer Kreistag gewählt wird. „Die haben mir den Wahlkreis entzogen“, schimpft der altgediente Genosse und meint die junge SPD-Garde im Stadtverband um den Vorsitzenden Sascha Karbowiak (30). Holler kündigt eine interne Kampfkandidatur an. Er sieht sich als Bewerber, der durch das Basisvotum im Ortsverein (OV) Neuss-Süd legitimiert ist: „Dort bin ich vorgeschlagen worden.“ Der Stadtverband habe sich in einem intrasparenten Verfahren über den Willen des Ortsvereins hinweggesetzt.

Den Vorwurf weist Sascha Karbowiak zurück. Wenn die angestrebte ausgewogene Mischung von Frauen und Männer, Jung und Alt gelingen solle, müssten zwangsläufig erfahrene Abgeordnete aufhören. Mit allen Betroffenen sei gesprochen worden, versichert der SPD-Chef, und niemand falle ins Bodenlose. Es herrsche Einigkeit im Kreisverband, dass langjährige Mitstreiter als sachkundige Bürger auch weiterhin ihre Erfahrung einbringen sollen. Er sei gern bereit, die Sicht des Stadtverbandes vor den Mitgliedern im Ortsverein darzulegen.

Wenn es nach Harald Holler und seinen Mitstreiter geht, dann sollte das Gespräch möglichst schnell geführt werden. „Es besteht Klärungsbedarf“, sagt auch Ratsherr Peter Ott, „die Mitglieder fühlen sich schlecht informiert.“ Das sei der springende Punkt. Holler, Ott & Co. haben dann auch eine Sondersitzung des Ortsvereins schriftlich beantragt. Doch daraufhin eine außerordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, hat sich aus Sicht von Edona Tahiri erübrigt, da der Ortsvereinsvorstand bereits beschlossen habe, „die Irritationen bei der Besetzung der Kreistagswahlkreise“ auf die Tagesordnung der Mitgliederversammlung am 11. Juli zu setzen.

Die Antragsteller haben dabei offenbar auch die neue Doppelspitze des Ortsvereins ins Fadenkreuz der Kritik genommen. Edona Tahiri und Karlheinz Kullick übernahmen im März den Vorsitz von Peter Ott, der nach 20 Jahren im Amt nicht mehr kandidierte.

Mitglieder möchten wissen, wie die Auswahl zustande kam

Die Unterzeichner drängen im Antrag darauf, dass dargestellt werde, „wie die Kandidatenauswahl für den Kreistag für unsere vorgesehenen Kandidaten Harald Holler und Joachim Wolff tatsächlich abgelaufen ist“ und „warum unserem Ortsverein für die Neusser Liste nur Platz 9 zugewiesen wurde“. Diese Zeilen lassen sich auch so interpretieren, dass sich die Ortsvereins-Spitze nicht ausreichend für die Personalvorschläge aus Neuss-Süd eingesetzt habe. Dafür spricht, wenn Harald Holler feststellt: „Der Ortsverein ist eingeschlafen.“

Es dürfte also spannend werden auf der Versammlung am 11. Juli. SPD-Chef Karbowiak kämpferisch: „Ich erwarte, dass die Unzufriedenen dann auch anwesend sind und offen ihre Kritik formulieren.“ Die freie Rede, die Sascha Karbowiak propagiert, steht im krassen Widerspruch zu einer Notiz im Protokoll der Vorstandssitzung im OV Süd vom Mai: „Sämtliche Veröffentlichungen im Namen der SPD müssen mit den zuständigen Gremien abgestimmt und von diesen genehmigt sein.“

Einen entsprechenden Beschluss gebe es nicht, sagt Sascha Karbowiak, „und wenn es ihn gäbe, wäre er falsch.“ Karbowiak lege großen Wert auf eine lebendige Diskussion in der Partei.

Die Geschäftsstelle biete den Ortsvereinen an, Pressemitteilungen zu versenden: „Wir gucken aber nicht über die Inhalte.“ Wie es zu dieser Protokollnotiz kommen konnte, könne Sascha Karbowiak sich nicht erklären.

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