Neuss: Reliquien-Prozession zu Ehren des Stadtpatrons

Der Apostolische Nuntius Jean-Claude Périsset war Festprediger beim Hochamt in St.Quirin.

Neuss. Der Tag der Translatio ist fest mit dem 30. April verbunden, und immer am Sonntag darauf tragen die Neusser die wertvollsten Reliquien der Stadt um die Kirche, die den Namen des Märtyrers trägt.

So auch am Sonntag Abend, als die Schreinprozession und das Festhochamt unter einem besonderen Schwerpunkt stattfand, feiern doch Gemeinde und Stadt in diesem Jahr die Grundsteinlegung von St.Quirin vor 800 Jahren.

So war denn auch der päpstliche Nuntius, Jean-Claude Périsset, aus diesem Anlass in die Stadt gekommen, die Quirinus seit 1000 Jahren zu ihrem Patron zählt. Die lange Tradition der Quirinusverehrung hat Neuss geprägt und Spuren nicht nur in der Kirche hinterlassen.

Quirin, sei es in Gestalt des Kriegers auf der Kirchenkuppel oder als T-Shirt-Aufdruck, gilt zahllosen Neussern als Sinnbild ihrer Stadt, als Identifikationsfigur - auch im Jahr 2009: 600, 700 Jahre nach den Hochzeiten der Wallfahrten.

"Es gab Zeiten, da zählte Neuss 4000 Einwohner und 5000 Pilger", berichtet Guido Assmann, Oberpfarrer von St.Quirin. Er hat 2008 die Tradition der Wallfahrten mit neuen Impulsen wiederbelebt und in diesem Jahr zum zweiten Mal angeboten. Zahlreiche Gruppen haben das angenommen und in den Tagen vor den Translatio die Kirche im Herzen der Stadt zu Gebet, Hochamt und Zusammenkünften genutzt.

April 1050: An diesem Tag, so zumindest die Überlieferung, brachte Äbtissin Gepa Reliquien des Heiligen als Geschenk des Papstes von Rom nach Neuss.

W. Prisack erzählt 1837 in seinem Buch "Der Neußer Leben und Treiben" die Geschichte aus seiner Sicht und Kenntnis: (Leo IX.) "hatte aber in Neuß eine Schwester, die er zärtlich liebte, Gepa war ihr Name, sie selbst Äbtissin des erst jetzt zur Ausführung gekommenen Stiftes... Gepa klagte ihrem edlen Bruder, wie das Stift endlich gegründet, aber keinen Ruhm, keinen Bestand erlangen könne, wenn man nicht die Gebeine eines ausgezeichneten Märtyrers oder Bekenners empfinge." Und Leo IX half. "Wohlan, sprach er zu seiner Schwester, zeuch mit gen Rom. Ich will dir einen Schatz geben."

Als Schatz erwies sich die Reliquienverehrung tatsächlich für die Stadt. Die Verehrung des Römers Quirinus - der sich im 2. Jahrhundert bekehren ließ und den Märtyrertod starb - ist allerdings schon vor dem Jahr 1050 nachgewiesen worden.

Vor allem im 13. und 14. Jahrhundert wurde Neuss zum Wallfahrtszentrum, da stand längst die Kirche, mit deren Bau vor 800 Jahren begonnen worden war. Quirinus wurde gegen Bein- und Fußleiden angerufen, gegen Gicht, Lähmung und Hautausschlag, er galt den Gläubigen als Fürsprecher gegen Pest, Pocken, Ohrenschmerzen und Pferdekrankheiten.

Schließlich riefen die Neußer in höchster Not während der burgundischen Belagerung im 15. Jahrhundert ihren Stadtpatron an. Kurz darauf zog sich das Heer zurück. Neuss war stolz und selbstbewusst, auch dem großen Nachbar Köln gegenüber - Düsseldorf war unbedeutend.

Die Verehrung des römischen Märtyrers hielt sich auch in Zeiten des Niedergangs. Und heute ist der römischen Ritter längst auch zum Objekt des Stadtmarketings geworden. Im Jubiläumsjahr der Gründung "seiner" Kirche wird er 2009 einmal mehr ganz besonders im Mittelpunkt stehen.

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