Politik in Neuss will den Baumerhalt betonen Die Baumkommission wird zur Baumschutzkommission

Neuss. · Nach dem Patzer mit der Kastanienallee fordert die Politik mehr Sensibilität im Umgang mit städtischen Bäumen ein.

 Zerzaust, aber noch eine Allee: die Kastanienallee in Selikum – nach der Fällaktion. Der Umgang mit diesem Naturdenkmal gab den Ausschlag, neu über die Kompetenzen der Baumkommission nachzudenken.

Zerzaust, aber noch eine Allee: die Kastanienallee in Selikum – nach der Fällaktion. Der Umgang mit diesem Naturdenkmal gab den Ausschlag, neu über die Kompetenzen der Baumkommission nachzudenken.

Foto: Christoph Kleinau

Der Name bleibt, doch die Aufgabe ändert sich. Die Baumkommission wird zur Baumschutzkommission, weil, wie es ihr Vorsitzender Michael Klinkicht (Grüne) formuliert, es vorrangig um „Schutz und Erhalt von Bäumen im Vordergrund stehen“. Dazu wird sie in ihren Rechten und Kompetenzen gestärkt, muss aber vor allem im Winter mit deutlich mehr Baum-Begutachtungen vor Ort rechnen. Damit der 14-tägige Rhythmus, von dem man im Amt für Stadtgrün ausgeht, auch für die ehrenamtlich tätigen Politiker in der Kommission darstellbar ist, soll die Kommission erstmals kleinere Arbeitsgruppen bilden dürfen.

In der ersten Ratssitzung des Jahres soll der Kompetenzrahmen festgelegt werden. Mit dem, was die Stadt für ausreichend hält, war man in der Kommission selbst noch nicht zufrieden. Denn oft verschwinden prägende Bäume, ohne dass die Kommission davon erfährt. Das gilt, so berichtet Ingeborg Arndt (Grüne), etwa dann, wenn beim Tiefbaumanagement, der Liegenschaftsverwaltung oder der Infrastruktur Neuss die Kettensäge angeworfen wird, um Platz für Straßen- oder Kanalbauvorhaben zu machen. Mitunter sei es aber schon vorgekommen, sagt Arndt, dass Bäume in einem Bebauungsplan als schützenswert eingetragen und damit gesichert sind, später aber – nach Änderung dieses Planes – doch abgehackt werden. „Und wir erfahren davon nichts“, sagt Klinkicht, der bei Teilen der Stadtverwaltung eine „mangelnde Sensibilität“ feststellen muss. Eine Formulierung für die Baumschutzsatzung, wie man solche Fälle künftig ausschließt, muss bis zur Ratssitzung noch gefunden werden.

Anwohner hatten das städtische Gutachten widerlegen lassen

Angestoßen worden war die Debatte über eine neue Rolle der Baumkommission durch den Vorstoß der Stadt, die Kastanienallee in Selikum, ein eingetragenes Naturdenkmal, roden zu lassen. Diese Entscheidung stützte die Stadt auf ein nachweislich unzureichendes Gutachten, das mit einem – von Anwohnern in Auftrag gegebenen – zweiten Gutachten widerlegt wurde. Drei Bäume hielt auch dieser zweite Gutachter für unrettbar. Sie wurden inzwischen beseitigt. Zurück bleiben acht der mehr 100 Jahre alten Bäume, die – auch wenn sie durch Pflegeschnitte an den Kronen etwas zerrupft wirken – immer noch die Bezeichnung Allee rechtfertigen. „Die falsche Bewertung des ersten Gutachters hat zu einer falschen Bewertung der Kommission geführt“, sagt Klinkicht. Die zunächst erteilte Zustimmung zur Beseitigung der Bäume stelle demnach kein Versäumnis der Kommission dar.

Künftig gilt, dass die Kommission immer dann zu beteiligen ist, wenn stadteigene Bäume, die unter die Baumschutzsatzung fallen, beseitigt werden sollen. Sie wird zur Begutachtung eingeladen und kann Gutachten in Auftrag geben. Sollen Bäume in Parks oder Grünflächen gefällt werden, sind der Kommission zumindest die Prüfergebnisse der städtischen Baumkontrolleure offen zu legen. Auch in diesen Fällen bleibt ihr die Einleitung weitergehender Maßnahmen vorbehalten. Ausgenommen von diesen Regelungen sind Bäume in Wäldern, sowie an Sportanlagen, auf Friedhöfen, an Schulen, Spielplätzen oder Kindergärten sowie entlang von Straßen.In diesen Fällen – wie auch bei Gefahr im Verzug – hat die Verkehrssicherungspflicht Vorrang.

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