Verbot aller Großveranstaltungen trifft auch Neuss Wegen des Coronavirus: Ein Sommer ohne Schützen und Feste

Rhein-Kreis. · Großveranstaltungen bis 31. August verboten. Brauchtumsfeste und Shakespeare-Festival fallen aus. Classic-Days-Organisatoren hoffen.

 D’r Maat erop: Auf dieses beeindruckende Bild müssen Neusser in diesem Jahr verzichten.

D’r Maat erop: Auf dieses beeindruckende Bild müssen Neusser in diesem Jahr verzichten.

Foto: Endermann, Andreas (end)

Was bisher nur Kriege, Hunger und Inflation vermochten, schafft jetzt das Coronavirus: Neuss, die selbsternannte Schützen-Hauptstadt Deutschlands, feiert in diesem Jahr kein einziges Schützenfest. Denn mit der am Mittwoch zwischen der Bundesregierung und den Länderchefs getroffenen Regelung, Großveranstaltungen mindestens bis zum 31. August zu untersagen, sind die großen Brauchtumsveranstaltungen nicht zu halten. „Das trifft uns hart – wie ein Blattschuss“, sagt Bürgermeister Reiner Breuer.

Er versteht die Betroffenheit gut und will deshalb zeitnah einen Schützengipfel einberufen. Mit den Vorständen soll darüber geredet werden, was noch möglich ist, sollte die Kontaktsperre weiter gelockert oder gar ganz aufgehoben werden. Unabhängig davon richtet Schützenpräsident Martin Flecken einen Wunsch an alle Schützen: „Ich fände es schön, wenn an den Tagen der Wonne Treffen in kleinerer Runde stattfinden — soweit das erlaubt ist.“

Flecken hatte nach der Entscheidung, bis zum 31. August alle Großveranstaltungen abzusagen, noch am Mittwoch alle Präsidenten der Stadtteilvereine angeschrieben und sie aufgefordert „eher Hoffnung zu verbreiten denn Resignation“. Er stellt sich und allen die Frage, wie man einerseits wirtschaftlichen Schaden vom Verein fernhält, andererseits aber Vertragspartner jeglicher Art für künftige Schützenfeste „bei Laune“ beziehungsweise „in zum Überleben ausreichender Liquidität halten kann“.

Besonders hart trifft das Schützenfest-Verbot die Wirte, wie Michael Mylord als Sprecher der Initiative Innenstadt-Gastronomie (INIG) betont. Bei bis zu 20 Prozent Anteil des Schützenfest-Geschäftes am Jahresumsatz spricht er „von einer Katastrophe, die uns da ins Haus steht“.

Auch in Kaarst und Büttgen wird es nin diesem Jahr keine prachtvollen Paraden, Umzüge und Gala-Abende geben. Am Donnerstag entschieden beide Bruderschaften, ihre Schützenfeste in diesem Jahr nicht stattfinden zu lassen. „Die Entscheidung ist uns schwer gefallen, aber sie ist richtig“, sagt der Kaarster Brudermeister und Präsident Claus Schiffer.

In Grevenbroich ist davon vor allem das Wevelinghovener Schützenfest betroffen, das zu den größten im Stadtgebiet zählt. „Wir hätten gerne gefeiert, sind aber auf eine Absage vorbereitet“, sagt Präsident Günter Piel. Obwohl die Besucherzahl von Großveranstaltungen noch nicht genau definiert wurde, geht Piel davon aus, dass „sein“ Bürgerschützenverein von dem Verbot auf jeden Fall betroffen sein wird. Denn in Wevelinghoven wird groß gefeiert, mit vielen Schützen und zahlreichen Besuchern. „Leider nicht in diesem Jahr“, bedauert Piel.

Abgesagt worden sind die Classic Days auf Schloss Dyck noch nicht. Die Organisatoren um Marcus Herfort feilen weiterhin an dem Oldtimer-Spektakel, das zu den größten Europas zählt. Ob die 15. Auflage wie geplant vom 31. Juli bis zum 2. August über die Bühne gehen kann, ist allerdings ungewiss. „Wir warten auf klare, belastbare Aussagen“, sagt Herfort.

Heißt: Zwar sind Großveranstaltungen bis zum 31. August untersagt worden, doch: „Tatsächlich wissen wir derzeit nicht, ob die Classic Days, die im weitläufigen Park-Gelände stattfinden, zur Kategorie der Großveranstaltungen zählen“, sagt Herfort. Das Team warte nun auf einen entsprechenden Erlass und die Entscheidung der örtlichen Behörden. „Erst dann sind wir in der Lage, eine Aussage zu treffen.“

 Eine Absage des Spektakels, das in Spitzenzeiten bis zu 40 000 Besucher anlockte, würde nicht nur den ehrenamtlichen Organisatoren weh tun, sondern vor allem auch der Stiftung Schloss Dyck. „Das wäre ein harter Rückschlag“, sagt Vorstand Jens Spanjer. Denn auch andere Veranstaltungen wie der Schlossfrühling mussten abgesagt werden.

 Im Neusser Globe Theater bleiben die Türen zu. Voraussichtlich. Weder Bürgemeister Reiner Breuer noch Kulturdezernentin Christiane Zangs gehen davon aus, dass das Shakespeare-Festival wie geplant vom 14. Mai bis 13  Juni stattfinden wird. Man wolle die offiziellen Anordnungen vom Land zwar noch abwarten, sagte Breuer, aber er rechne nicht mehr damit, dass das Festival stattfinden könne. Auch Zangs sieht die „hohe Verantwortung für Gäste und Zuschauer: „Wir wollen gute Gastgeber sein, aber wir können es in dieser Zeit nicht.“ Und Breuer erklärt, dass er kaum rechtliche Möglichkeiten sieht, das Festival durchzuführen.

 Für Neuss bedeutet die Absage einen erheblichen Verlust. Weniger finanziell, denn das rund 500 000 Euro teure Festival finanziert sich weitgehend aus den eigenen Einnahmen, Sponsorengeldern, Zuschüssen der Freunde des Globe und dem Verkauf von Getränken, Essen und Shakespeare-Devotionalien. Aber das Festival bringt der Stadt viel Renommee, ist im Kulturleben der ganzen Region als ein Highlight verankert.
-nau/hbm/wilp/seeg

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