Neuss: Mann für alle Fälle - Aus dem Alltag eines Hausmeisters

Hausmeister Theodor Tillmann hat immer viel zu tun. Gemeinsam mit Wilhelm Schlüter betreut er in Weckhoven rund 3000 Mieter.

Neuss. Theodor Tillmann tritt in die Pedale, die Werkzeugkiste auf dem Gepäckträger rappelt. Immer wieder nickt der 57-Jährige den Passanten am Straßenrand zu, die Leute grüßen freundlich zurück. Weckhoven ist Tillmanns Revier. Dort ist er aufgewachsen, dort arbeitet er seit über zehn Jahren als Hausmeister für den Neusser Bauverein. Heißt: Tillmann ist der Mann für alles. Klemmt die Tür, streikt das Licht, ist er vor Ort. Jeder im Stadtteil kennt ihn.

In der Hülchrather Straße lässt Tillmann, der als Elektriker beim Bauverein anfing, das Fahrrad langsam ausrollen, zieht einen schweren Schlüsselbund aus der Tasche. Ungefähr 3000 Mieter und rund 1400 Wohnungen betreut der Verein im Stadtteil - dazu kommen 600 Garagen und eine Tiefgarage. Für jedes der Häuser klimpert ein Schlüssel an Tillmanns Bund. Einen der Schlüssel braucht er jetzt: Die Tür klemmt. Der Hausmeister behebt das Problem mit Schmierfett, das er ins Schloss sprüht. "Das ist jetzt keine große Sache", sagt er als wolle er sich entschuldigen, dass er nichts Aufregenderes zu bieten hat. "Hier passiert nicht mehr und nicht weniger als in anderen Ortschaften."

Vor einigen Jahren riefen Mieter Tillmann und Kollege Wilhelm Schlüter zur Hilfe, weil sich eine Schlange auf ihrem Balkon kringelte. "Die war nicht groß", sagt Tillmann bescheiden und deutet mit den Händen einen halben Meter an. "Das war vermutlich eine Kornnatter." Die Hausmeister fingen das Tier mit einem Putzeimer und brachten es ins Tierheim. Bemerkenswert findet Tillmann das nicht: "Das ist doch unsere Aufgabe."

Einen anderen Arbeitstag würde Tillmann am liebsten vergessen. Mieter hatten sich gemeldet, weil sie der Nachbarin länger nicht im Treppenhaus begegnet waren. Tillmann fuhr hin, bemerkte vor der Wohnung der Vermissten einen unangenehmen Geruch, ganz leicht nur, und rief die Polizei. Die bestand darauf, dass Tillmann nachschaut, vielleicht sei der Frau noch zu helfen. Er habe die Mieterin dann aber tot in ihrer Wohnung gefunden: "Das möchte ich nicht noch einmal erleben."

Für Tillmann ist sein Job nicht irgendeiner, das merkt, wer ihm zu- und ihn mit den Mietern sprechen hört. Im sechsten Stock eines Hauses an der Hülchrather Straße deutet Tatjana Kapp auf den abgeblätterten Putz auf ihrem Balkon. "Das müsste dringend erneuert werden." Tillmann nickt, dann fällt sein Blick auf die Holzkommode an der Balkonbrüstung. "Die Kommode darf hier nicht stehen. Schlägt hier mal ein Silvesterkracher ein, steht sofort der ganze Balkon in Flammen", warnt er, nicht im mindesten entrüstet.

Tillmann kennt seine Pappenheimer. Er hat seine Prinzipien, ohne geht es nicht. "Als Hausmeister musst du aber auch mal ein Auge zudrücken können." Nicht selten erzählten die Mieter ihm Persönliches: "Wer nicht verschwiegen ist, hat hier bald keinen Stand mehr."

Kollege Wilhelm Schlüter begleitet eine potenzielle Mieterin zur Besichtigung durch eine der Wohnungen des Bauvereins. Tillmann tauscht derweil die Glühbirnen im Hausflur aus. Die junge Frau jauchzt auf, als sie die Wohnung sieht, stiefelt durch Wohnzimmer, Bad, Küche - das ist bis in den Flur zu hören. "Vorher habe ich unter dem Dach gewohnt, das ist etwas ganz anderes", wird sie später erzählen. Nach der Besichtigung begleiten die Hausmeister die neue Mieterin zur Straße. Sie haben gute Laune. "Wenn einem Mieter die Wohnung gefällt, freut uns das immer", sagt Schlüter. Die junge Frau steigt in ihr Auto, die Hausmeister schwingen sich auf ihre Räder. Der nächste Job wartet.

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