Video-Überraschung in Neuss Karnevalisten lassen Wagen rollen

Neuss · Mit einer großen Video-Überraschung inklusive Rabaue-Konzert sendete der Karnevalsausschuss am Sonntag ein jeckes Zeichen der Hoffnung in einer schweren Zeit. Der Dreh fand am Samstag in einer ungewohnten Szenerie statt.

 „Jeck wie nie trotz Pandemie“ war das Motto. Entworfen wurde der Wagen vom Düsseldorfer Künstler Jacques Tilly.

„Jeck wie nie trotz Pandemie“ war das Motto. Entworfen wurde der Wagen vom Düsseldorfer Künstler Jacques Tilly.

Foto: Simon Janßen

Samstagmorgen, kurz nach 9 Uhr an der Hansastraße. Die Optik der grau-vernebelten Industrie-Szenerie wird durchbrochen von geimpften Kappesköppen in knalligen Farben und grimmig dreinguckenden Coronaviren. Der Schriftzug „Jeck wie nie trotz Pandemie“ prangt auf dem von Jacques Tilly entworfenen Wagen, hoch oben jubelt das Neusser Prinzenpaar und sendet ein lautstarkes „Helau“ in die morgendliche Stille. Kameras nehmen alle Eindrücke auf, sogar aus der Luft per Flugdrohne. Was hatte es mit diesen ungewöhnlichen Szenen auf sich?

Hinter all dem steckte ein ausgeklügelter Plan des Karnevalsausschusses (KA) Neuss. Der hatte nämlich bereits im Vorfeld angekündigt, trotz pandemiebedingter Absage des Kappessonntagszuges in diesem Jahr eine große Überraschung präsentieren zu wollen – und die sollte gelingen. Um 13.11 Uhr stellten die Verantwortlichen ein Video online, bei dem es den Neusser Jecken (und natürlich auch darüber hinaus) warm ums Herz wurde. Wer zuvor der festen Überzeugung war „Dr Zoch kütt nit“, sollte am Sonntag eines Besseren belehrt werden. Dann wurde nämlich klar: Dr Zoch kütt doch!

„Ein Karnevalszug ist nicht erlaubt, darum haben wir überlegt, was wir alternativ machen können – auch für das Prinzenpaar und Kinderprinzenpaar als Highlight der Session“, sagt KA-Präsident Andreas Picker. Schließlich entstand die Idee der Video-Überraschung, um zumindest aus digitaler und somit coronakonformer Distanz jecke Stimmung in die Neusser Haushalte zu bringen.

Doch bei dem kleinen Ein-Wagen-Umzug sollte es am Samstag bei der Aufzeichnung nicht bleiben. So gab es in den Räumen der Bazzar-Rösterei ein Exklusiv-Konzert der Band „Rabaue“. Die war eigentlich nur für zwei bis drei Songs gebucht worden, „aber wir haben gedacht: Wenn wir hier nach Neuss kommen, dann machen wir auch richtig Programm“, machte Frontmann Alex Barth gleich zu Beginn deutlich. So verzückten sie die Zuhörer nicht nur unter anderem mit ihrem „Insellied“ und den Hits „Ich hab gute Laune“ sowie „Weil wir wieder hier sind“, sondern schmetterten auch eine für Neuss angepasste Version von „Denn wenn et Trömmelche jeht“ (Räuber).

Überschattet wurde die Aktion aber natürlich vom Krieg in der Ukraine. Waren zahlreiche Karnevalsveranstaltungen aus diesem Grund bereits abgesagt worden – unter anderem die Prunksitzung der Blauen Funken –, entschied sich der KA bewusst dafür, sein Projekt durchzuziehen. „Wir wollen damit ein Zeichen der Hoffnung senden in einer schweren Zeit und zeigen, dass wir uns nicht unterkriegen lassen“, so Picker. Auch Prinz Mark Könnecke fand nachdenkliche Worte: „Wir sehen die schrecklichen Bilder jeden Tag in den Nachrichten. Man kann nur hoffen, dass es schnell aufhört.“ Bewegt zeigten sich auch die Bandmitglieder von „Rabaue“, so ging Frontmann Alex Barth vor dem letzten Song „Op eimol (Es alles anders)“ auch auf die schreckliche Lage ein und machte deutlich: „Wenn alle Menschen Jecke wären, dann hätten wir keine Probleme auf der Welt.“

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