Neuss: Im Teufelskreis der Spielsucht

Anlaufstelle: Der Neusser Heinz H. hat 30 Jahre lang aktiv gespielt. Hilfe bekommt er bei der Suchtberatung der Caritas.

<strong>Neuss. Rien ne va plus - nichts geht mehr. Diesen Satz aus dem Roulette-Jargon hat Heinz H. unzählige Male gehört. 30 Jahre lang war der Neusser dem Glücksspiel verfallen, er war spielsüchtig. "Nein, ich bin spielsüchtig", korrigiert der 56-Jährige. "Das ist wie bei Alkoholkranken. Man kann die Sache in den Griff bekommen, darf aber nicht wieder damit in Kontakt kommen."

Im Griff hat H. sein Problem etwa seit 1999. Damals hat er eine Therapie angefangen. "Es ging einfach nicht mehr. Ich kam allein nicht aus dem Teufelskreis heraus", erinnert er sich. Ständig sei dieser Spieldruck in seinem Kopf herumgespukt. "Der Reiz war immer da und ich habe ihm permanent nachgegeben." Meistens im Kasino am Roulettetisch - "da war der Reiz für mich am größten".

Dieser Spieldruck sei schwer zu beschreiben. "Wenn ich verloren habe, habe ich mich immer an die nächste Runde geklammert. Und wenn ich etwas gewonnen habe, dachte ich immer, dass es so weitergeht", versucht er zu erklären. Mit den Verlusten wurden auch seine Schulden immer größer. "Und dann kommt irgendwann der Druck vom Arbeitgeber und der Familie."

Hilfe bekam der Suchtkranke dann vor acht Jahren in der Therapie. "Zwei Jahre lang war ich in Einzeltherapie. Dann hatte ich die Sache weitestgehend unter Kontrolle." Trotzdem muss er mit Einschränkungen leben. "Ich darf zum Beispiel keinen Job machen, bei dem ich mit Geld zu tun hätte", sagt der Neusser. Da wäre der Reiz zu groß, es zu verspielen.

"Um die Spielsucht in den Griff zu bekommen, ist eine Therapie zwar unersetzlich", erklärt Cäcilia Arenz-Bessel, Sozialpädagogin bei der Caritas. "Unsere Selbsthilfegruppen sind aber genauso wichtig." Unter Gleichgesinnten sei der Austausch meist reger als allein mit einem Therapeuten. Jüngst habe dies eine Befragung der Teilnehmer solcher Gruppen in NRW bestätigt. "Die meisten entwickeln ein neues Selbstbewusstsein", sagt die Expertin.

Die Fachstelle Glücksspielsucht der Caritas im Rhein-Kreis registriert jährlich etwa 100 Spielsüchtige. "Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren konstant", so Arenz-Bessel. "80 Prozent der Fälle sind Automaten-Spielsüchtige." Außerdem gebe es regelmäßig die Kasino-Abhängigen und Menschen, deren Schicksal mit Sportwetten verbunden ist. "Immer häufiger kommen aber auch Menschen, die vom Phänomen Poker betroffen sind", sagt Arenz-Bessel.

Anerkannt Die Glücksspielsucht ist von Versicherungsträgern als Krankheit anerkannt. Krankenkassen übernehmen die Therapiekosten.

Kontakt Die Fachstelle der Caritas ist unter 202131/889170 zu erreichen.

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