Neuss im Ersten Weltkrieg: Mit Gottvertrauen und Gehorsam

Stadt bietet ein umfangreiches Programm.

Neuss im Ersten Weltkrieg: Mit Gottvertrauen und Gehorsam
Foto: Stadtarchiv Neuss

Neuss. Der erste Neusser, der in dem gerade begonnen Krieg starb, hieß Jakob Konrad Meyers, 20 Jahre alt. Ein Kopfschuss traf ihn bereits am 6. August 1914 in Lüttich. Seine Daten finden sich im Sterberegister des Stadtarchivs, das soeben eine eindrucksvolle Liste der Weltkriegstoten erstellt hat. Diese Aktion war gleichsam der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Veranstaltungen, mit der Kulturinstitute der Stadt facettenreich und höchst unterschiedlich an die oft so apostrophierte „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ erinnern.

Die Neusser Aktion ist ein — schwergewichtiger — Teil einer 15 Städte umfassenden Programmreihe, die vom Kultursekretariat NRW Wuppertal gefördert wird. „Epochenschwelle“ heißt das Neusser Programm. Epochenschwelle, so macht es auch Archivleiter und Koordinator Jens Metzdorf deutlich, beschreibt den extremen Einschnitt, den dieser erste „industrialisierte Krieg“ der Geschichte auslöste: „Hinter diese schrecklichen Erfahrungen konnte man nicht mehr zurück“.

Zeigen sollen die diversen Ausstellungen, Lesungen, Vorträge, Konzerte und Aufführungen im Sinne einer Spurensuche auch, wie noch die heutige Kultur von den vielleicht auch unbewussten Erfahrungen der Kriegsjahre geprägt wird.

Das Stadtarchiv selbst zeigt ab Mitte September eine große stadtgeschichtliche Ausstellung. Der Titel „Gottvertrauen und Gehorsam“ beschreibt die Gefühlslage vieler Soldaten. Von der so oft beschworenen Euphorie zu Kriegsbeginn jedenfalls hat Metzdorf in diversen Kriegstagebüchern nicht viel gefunden. Inhalt der Ausstellung sind die Kriegserfahrungen von Neussern ebenso wie der Kriegsalltag in Vereinen, Schulen oder Kirchen. Ein Thema ist dabei auch einem „besonderen Akt der Barbarei“, so Metzdorf, geschuldet. Denn an den Gewalttaten in der belgischen Stadt Löwen und der Zerstörung der Altstadt mit der berühmten Universitätsbibliothek war auch ein Neusser Landsturm-Bataillon beteiligt.

Der Stadtbibliothek ist es gelungen, den renommierten Weltkriegshistoriker Prof. Gerhard Hirschfeld, der mit Prof. Gerd Krumeich das hoch gelobte Werk „Deutschland im Ersten Weltkrieg“ vorgelegt hat, für einen Vortrag zu gewinnen (27. Mai). Ko-Autor Krum-eich wiederum referiert über „Neuss im Ersten Weltkrieg“ im Stadtarchiv (28. Oktober). Und auch Prof. Herfried Mückler, Verfasser von „Der große Krieg“, kommt für eine Lesung nach Neuss (20. Oktober, Stadtbibliothek).

Zwei Konzerte spiegeln die Zeit der Katastrophe. In der Scheune der Museumsinsel Hombroich spielt ein Trio Werke von avel, Webern, Janácek und Kodály (29. September), im Zeughaus gibt Kit Armstrong ein Klavierkonzert. Das Programm beinhaltet Werke über Krieg, Verletzung und Tod, darunter Ravels „Le Tombeau de Couperin“ von 1914.

Auch das Schützenmuseum beteiligt sich. „Jetzt ist keine Zeit mehr für das schöne Spiel der Kirmes“ heißt die Ausstellung, in der es vor allem um die von Krisen geprägten Jahre nach Kriegsende geht.

In der VHS zeigt „poco*mania.“, das Junge Theater aus Grevenbroich, unter dem Titel „Daheim, wenn das Laub fällt“ ein Stück, das mal liebevoll-poetisch, mal grotesk und komisch die Sehnsüchte der jungen Menschen von damals thematisiert.

Jugendliche der Musikschule Neuss entwickeln derzeit eine audiovisuelle Collage zum Thema. Ab Juni soll die als digitaler Clip bei Veranstaltungen gezeigt werden.

Diese und etliche weitere Veranstaltungen können die Neusser von April bis Dezember besuchen. Alle Termine unter www.neuss-kultur.de

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