„Neuss History“: Stadtgeschichte als Zeitvertreib

In der Facebook-Gruppe „Neuss History“ werden alte Fotos gesichtet.

Neuss. Wer vor einigen Jahren herausfinden wollte, wie Neuss in der Vergangenheit aussah, der hatte eigentlich nur zwei Möglichkeiten. Er konnte sich alte Bücher in der Bibliothek anschauen oder ins Stadtarchiv gehen.

Durch das Internet ist noch eine weitere hinzugekommen — genauer gesagt, durch das soziale Netzwerk Facebook. Dort wurde Anfang des Jahres eine Gruppe gegründet, in der sich die Nutzer mit Stadtgeschichte befassen und in Kindheitserinnerungen schwelgen.

„Neuss History“ heißt das Portal, das mittlerweile rund 2400 Mitglieder zählt. Das Prinzip der Gruppe ist einfach. Meist stellt ein Facebook-Nutzer ein altes Foto online. Daraufhin entwickeln sich Diskussionen — zum Beispiel, wenn alte Häuser der Abrissbirne zum Opfer fielen. Fragen, wo im Ort das Bild aufgenommen wurde, werden geklärt.

Zugleich entwickeln sich neue: „Kennt ihr noch. . . ?“ oder „Erinnert ihr euch noch an. . . ?“ beginnen die Sätze oft. Zudem sind Fotoalben, unter anderem mit den Titeln „Historische Straßenansichten“, „Neuss von oben“ oder „Neuss und der Krieg“ einfach einsehbar.

Der Gruppengründerin, die sich im Internetstil nur mit ihrem Vornamen Daniela vorstellt, kam die Idee Anfang des Jahres. Sie selbst hatte ein altes Foto mit dem 1963 eröffneten Hortengebäude im Hintergrund gesehen, in dem heute die Tranktor-Passage beheimatet ist.

„Dabei sind jede Menge Erinnerungen hochgekommen“, sagt Daniela. Sie gründete die Gruppe, um mit anderen Neussern ihre Erinnerungen austauschen zu können. „Ich erfahre durch die ständig neuen und interessanten Beiträge der anderen Nutzer viele Dinge über meine Heimat, die ich so nicht wusste“, fährt die 40-Jährige fort.

„Die Begeisterung für die Gruppe zeigt, wie wichtig unsere Arbeit beim Stadtarchiv ist, weil sich augenscheinlich viele Menschen für Stadtgeschichte interessieren“, sagt Stadtarchivar Jens Metzdorf.

Zwar werde bei Facebook keine Archivarbeit im eigentlichen Sinne betrieben — im Stadtarchiv wird seit rund 800 Jahren auf mittlerweile 5000 laufenden Metern an Unterlagen Quellenmaterial in einen Kontext eingebettet — aber Gruppen wie „Neuss History“ zeigten die Liebe der Menschen zu Bildern und zu ihrer Stadt.

Metzdorf rät allerdings auch zur Vorsicht bei der Verwendung von Fotos von fremden Urhebern. Für die historische Verzeichnung unbekannter Bilder lädt Metzdorf ins Stadtarchiv ein: Dort befänden sich genügend Quellen, mit denen sich genaue Datierungen vornehmen ließen.

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