Neuss: „Genußvolle Tage“ auch für Fremde

Brauchtum: Schon seit 1823 sind Schützenfest und Kirmes untrennbar verbunden.

Neuss. Des Neussers Freud und Lust sind - natürlich das Schützenfest und zwingend die Kirmes, wie es das Traditionslied zu den Schützentagen glaubhaft behauptet: "Wenn die Ernte ist vorüber,...jauchzend hallt’s von Mund zu Mund: Kirmes, Kirmes, du des Neussers Freud und Lust." Kirmes und Schützenfest hängen untrennbar zusammen, und oftmals werden die Begriffe synonym genutzt. Das ist nicht neu.

Als die marianische Junggesellen-Sodalität - in Weiterentwicklung der Bruderschafts-Feste - 1823 das Vogelschießen neu organisierte, legte man den Termin auf den St.Bartholomäus-Markttag am 24.August. Einige Jahre später wurde der letzte Sonntag im August festgesetzt. Markt-Tag hieß auch Kirmes-Tag: Neben den Händlern kamen Jongleure und Gaukler, Moritatensänger und Lotterie-Anbieter.

Mit dem Zusammenlegen von Vogelschuss und Markt wurde aus der internen Feier der Bruderschaften eine öffentliche Veranstaltung. Immer mehr Programmpunkte etablierten sich mit den Jahren, als die Neusser Bürger-Schützen die Organisation übernahmen. Schon für die 30er Jahre des 19.Jahrhunderts ist der Fackelzug belegt, und auch die Kirmes - zunächst auf der Festwiese vor dem Obertor - entwickelte sich stetig weiter.

Britta Spies und Martin Bock vom Schützenmuseum können anhand alter Festprogramme die Attraktionen aufzeigen: Ringstechen und Stangenklettern, Vogelschießen, auch für Kinder, Schweine-Jagen, das "Mehltauchen" nach Geldstücken für Kinder und schon 1833 eine russische Schaukel und ein Feuerwerk. Da inseriert der Ringer Jean Lüttgens, die "Rheinlands-Eiche", da kommen das Kölner Hännesgen-Theater und die kunstvoll nähende Dame ohne Arme.

Schon damals ging es hin und her mit den Begrifflichkeiten. So hieß es 1854, dass das Schützenfest mit dem Hissen der Kirmesfestfahne auf St.Quirin eröffnet wurde.

Früh begann die Stadt, die Werbewirksamkeit von Kirmes wie Schützenfest zu erkennen. So sandte das Komitee 1834 Botschaft nach Düsseldorf, Köln, Barmen und Elberfeld, Krefeld und Gladbach. "Das mit der Kirmeß verbundene Neußer Schützenfest erfreut sich der lebendigsten Theilnahme in Stadt und Land. Wir laden dazu ergebenst ein, indem wir Einheimischen und Fremden genußvolle Tage versprechen."

Die Kirmes zog zum Wendersplatz, in den 50er Jahren dann zum heutigen Standort. Einmal gab es eine Kirmes ohne Schützenfest: Sie fand ein Jahr vor dem ersten Schützenfest nach Kriegsende bereits wieder 1947 statt, als die Schützen nur schweigend durch die Stadt gehen durften.

Da hatte die Stadt längst die Kirmes-Organisation von den Bürger-Schützen übernommen. Noch heute erinnern die Schützen daran, dass ihnen ein Ausgleich für die entgangenen Standgelder der Schausteller zusteht. Mehr als 250 werden zur Kirmes 2010 erwartet. Die ersten Wohnwagen sind längst da.

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