Neuss: Erst Bürokratie, dann Schulobst

Schulen müssen sich aufwendig um die Lieferung von Obst bewerben. So müssten die Schulen auch die richtige Lagerung garantieren oder ein pädagogisches Konzept über die Integration dieser Obst-Versorgung in den Unterricht vorweisen können, heißt es aus dem zuständigen Umweltministerium.

Neuss. Täglich frisches Obst und Gemüse für alle Schüler - zumindest für die sechs- bis zehnjährigen Jungen und Mädchen: Ein Programm, das im Grundsatz auf breite Zustimmung stößt. Initiiert von der EU, von der Bundesregierung an die Länder weitergereicht, hat das Land NRW vor Weihnachten die Umsetzung geplant. Jetzt liegt es an den Schulen, ob sie sich an dem Programm beteiligen.

"Die Kommunen stehen Kopf, der Städtetag ist fassungslos", sagt Schuldezernentin Christiane Zangs. Das Land habe vor die kostenlose Zustellung des Obstes "atemberaubende Bedingungen" gestellt.

Das sieht man beim Land anders. Stelle das Land die kostenlose Versorgung mit Obst und Gemüse sicher, so müssten die Schulen auch die richtige Lagerung garantieren oder ein pädagogisches Konzept über die Integration dieser Obst-Versorgung in den Unterricht vorweisen können, heißt es aus dem zuständigen Umweltministerium.

Bewerben können sich die Schulen online noch bis Ende Januar, ab März soll dann das Obst geliefert werden - wenn alle Bedingungen erfüllt sind.

Dazu gehört zum Beispiel der Nachweis, dass ein gesondertes Waschbecken für das Obst vorhanden ist, dass die Schulen Verträge mit den vom Land zugelassenen Lieferanten abschließen.

Obst und Gemüse werden von einer eigens benannten Kraft bei Anlieferung kontrolliert, die den Vorgang dann auch protokolliert. Und irgendwer hat die Aufgabe, eine weitere Vorgabe aus dem Obst-Programm umzusetzen: "Die Menge der Früchte ist auf 100 Gramm täglich pro Kind beschränkt."

Gottfried Scheulen, Leiter des Neusser Schulverwaltungsamtes, ist ebenso ratlos wie die Dezernentin. "Das Programm ist doch sinnvoll. Aber warum baut man so einen Wust an Vorschriften auf?" Der Schulträger übrigens, die Stadt, sei gar nicht eingebunden.

Kosten aber wie etwa durch den Einbau von Lattenrosten für die Lagerung oder die Installation neuer Waschbecken können die Schulen selbst nicht finanzieren. Und ob die Stadt zusätzliche Kosten für einzelne Schulen übernehmen wird, ist völlig unklar.

Dorothea Braeuer-Lustenberger, Leiterin der größten Grundschule St.Peter in Allerheiligen, hat sich bereits gegen eine Bewerbung entschieden:

"Die Teilnahme an dem Projekt wäre mit einem Riesenaufwand verbunden. Wir müssten extra eine so genannte Steuerungsgruppe aufstellen. Dafür haben wir einfach kein Personal. Ich muss mit den Kräften der Lehrer haushalten."

Auch die Sekretärin der Burgunderschule in der Nordstadt, Sylvia Krücken, bedauert, dass es der Schule momentan wegen eines derzeitigen Umbaus nicht möglich ist, an dem Projekt teilzunehmen: "Das schaffen wir organisatorisch einfach nicht, da wir auch noch einen größeren Wasserschaden bewältigen müssen."

Ganz anders ist die Situation an der Herbert-Karrenberg-Schule. Die Konrektorin Petra Welschbillig will sich mit der Förderschule auf jeden Fall bewerben.

Man habe ideale Voraussetzungen, das Projekt in den Unterricht einzubinden: Es gibt im Hauswirtschaftszweig ausreichend Lagerraum und eine Lehrküche. "Dort kann ich das Obst morgens früh mit den Schülern der Klassen neun und zehn für die Jüngeren zubereiten", so Petra Welschbillig.

"Eine tolle Sache, da einige Schüler aus schwierigen Familien kommen, wo sie frisches Obst und Gemüse und die Möglichkeiten, es zuzubereiten, so gar nicht kennen."

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