Neuss: Die Stadt feiert das Ende des Lärms

Unter dem Motto „Et es je schafft“ wird am Samstag der neue Hauptstraßenzug mit großem Spektakel eröffnet.

Neuss. Und sie bewegt sich doch! Nahezu lautlos rollt die Linie 709 mitten über den Hauptstraßenzug in der Innenstadt. Als vor 15 Monaten mit den Bauarbeiten für die Straßenbahn begonnen wurde, glaubte wohl so mancher nicht daran, dass die Zeit des Lärms, des Drecks und der verstellten Wege jemals aufhören würde.

Unter dem Motto "Et es jeschafft" feierten Tausende Neusser am Samstag nun den Schluss der Großbaustelle - und die Wiedergeburt der Straßenbahn.

Schon um 11 Uhr ist der Marktplatz ein Ort der Lebendigkeit: Vor dem Zeughaus gibt’s einen französischen Markt, ein Artist unterhält die Besucher mit Kunststücken und die 20-köpfige Brass-Band Schwarz-Rot-Atemgold bläst eingängige Rhythmen aus ihren Saxophonen, Tubas und Trompeten.

"Ich glaube, wir haben hier einen Rekord aufgestellt", sagt Bürgermeister Herbert Napp. Was er meint, ist die Zeit, in der die Bauarbeiten über die Bühne gegangenen sind. Vor allem aber lobt er die Zusammenarbeit von Befürwortern und Gegnern der Straßenbahn, die sich mit der einspurigen Führung über etwa 400 Meter auf einen "schönen Kompromiss" geeinigt hätten.

"Besonders stolz bin ich aber darauf, dass die Gewerbetreibenden die Zeit des Baus mit einem gewissen Humor getragen haben", so der Bürgermeister. Auch der Rheinbahn-Vorsitzende Dirk Biesenbach ist begeistert von der neuen Lösung: "Die Bahn fügt sich ideal in das Straßenbild ein."

Tschi-tscha-peng lautet der klangvolle Name der Musikgruppe, die die Besucher auf dem Marktplatz in ihren Bann zieht. Sitzend in Kreisformation, hauen die Mitglieder der Band auf ihre Bongos und Cajons, was das Zeug hält. Als sich dann auch noch die Breakdancer der "Musterkanaken" zu einer spontanen Tanzeinlage hinreißen lassen, pfeift und grölt die Masse vor Begeisterung.

"Guck ma’, was die da machen", sagt ein kleiner Junge zu seinem Vater. Offenbar kann der Kleine nur schwer glauben, wie die Tänzer durch bloße Körperbeherrschung die Schwerkraft scheinbar außer Kraft setzen.

Aber auch die anderen Darbietungen brauchen sich nicht zu verstecken. So auch die Artisten der Nationalen Zirkusschule aus der französischen Partnerstadt Châlons-en-Champagne. Die Besucher staunen vor allem über einen (menschlichen) Pappkarton mit der Aufschrift "Fragile", der offenbar laufen kann und sogar mühelos einen mehrere Meter hohen Mast erklimmt.

Doch der eigentliche Star des Tages ist heute ein anderer: die Straßenbahn. Gleich drei historische Züge, der älteste aus dem Jahr 1926, hat die Rheinbahn auf die nagelneuen Schienen gesetzt. Kostenlos können die Besucher zwischen Theodor-Heuss-Platz und Stadthalle hin und her pendeln.

Auch das Rathaus hat seine Türen heute weit geöffnet und ebnet den Weg zu seinem Heiligtum. Auf einem rosafarbenen Schild im Foyer ist zu lesen: "Nur heute: Der Blick vom Rathausbalkon." Und der ist es auch, den die Gäste unbedingt einmal genießen wollen. "Schließlich darf hier sonst allenfalls die Schützenkönigin drauf", sagt eine Besucherin und freut sich über den Ausblick.

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